Mit der Raute zum Erfolg – #HSVH96 Preview

Mit der Raute kam bei Hannover 96 der Erfolg zurück. Nach dem Systemwechsel auf das neue 41212 holte 96 7 Punkte und es hätten sogar noch mehr sein können, wenn man sich das Chancenplus beim SV Elversberg noch einmal vor Augen führt. Schon nach drei Rückrundenspielen lässt sich im Vergleich zwischen Hinrunde und der gesamten Saison schon eine Verbesserung im Erspielen von Torchancen erkennen.

Es läuft wieder für Leitl und die 96er. Nach dem unglücklichem Remis in Elversberg folgten zwei überzeugende Heimsiege gegen den 1.FC Nürnberg und Hansa Rostock. Gerade gegen den FCN wirkten die Hannoveraner wie entfesselt. Wie lässt sich dieser Aufschwung erklären? Wir haben mal einen genaueren Blick auf das neue 96 geworfen.

Personell dreht sich das Karussell für die Hannoveraner. Marcel Halstenberg fehlt gesperrt und Derrick Köhn befindet sich laut Medienberichten auf dem Weg zu Galatasaray Istanbul. Für 96 fehlen damit zwei grosse Säulen im Spiel mit Ball. Halstenberg ist ligaweit einer der besten passspielenden Innverteidiger der Liga, wenn nicht vielleicht sogar der Beste. Seine Fähigkeit gegnerische Linien zu durchbrechen ist für die 96er von hoher Bedeutung. Dies zeigen auch die statistischen Werte von FBRef.com.

Es ist sofort zu erkennen, dass Halstenberg im Vergleich mit anderen Innenverteidigern, eine sehr große Anzahl von langen Pässen spielt und erfolgreich umsetzt. Mit seiner Passtechnik gehört er zur absoluten Elite der 2. Bundesliga. Zwar spielt er nicht außergewöhnlich viele progressive Pässe, aber dafür versteht er es dabei häufig eine sehr große Distanz zu überspielen. Grundsätzlich hat er als Innenverteidiger zwar nicht die Aufgabe Torchancen direkt vorzulegen, aber trotzdem schafft er es mehr als jedes 2. Spiel eine Torschussvorlage zu machen. Sein Verlust wird somit besonders um Auf- und Übergangsspiel der Hannoveraner zu spüren sein.

Auch Derrick Köhns Absenz ist für die 96er schwer aufzufangen. Neben seiner enormen Spielstärke fehlt den 96ern auch Ersatz Brooklyn Ezeh, der wohl sein natürlicher Ersatz gewesen wäre. Köhn ist nicht nur der Motor auf der linken Schiene, er schlägt zusammen mit Enzo Leopold zusammen wohl mit die gefährlichsten Standards der Liga. Hannover erzielte in ihren letzten 3 Spielen 4 von 9 Toren nach Standardsituationen und traf zudem noch öfter das Aluminium. Eine echte Waffe.

Köhns Skillset die linke Schiene, mit seinen Dribblings und progressiven Ballaktionen, praktisch im Alleingang zu bespielen, wird 96 in der Zukunft wohl schmerzlichst vermissen. Es verlässt ein klasse Fußballer diese Liga.

Es stellt sich also die Frage: Wie wird Hannovers Viererkette am Freitagabend im Volksparkstadion aussehen? Bringt Leitl vielleicht sogar die Fünferkette zurück? Es bleibt spannend.

Aufgrund der neuesten Erfolge die 96 mit ihrem 442-Raute haben, würde ich persönlich davon ausgehen, dass es bei dieser Grundformation bleibt. Dies bestätigte Leitl in der heutigen Pressekonferenz. Muroya ist wohl die beste Option für die des Linksverteidigers. Auf seiner eigentlich vorgesehenen Position als Rechtsverteidiger wählt er anders als Köhn eher die Flanke in den Strafraum als das Dribbling und den aggressiven Lauf in den Strafraum. Inwieweit er diese Flanken als Rechtsfuß auch links effektiv umsetzen kann, wird sich zeigen.

Arrey-Mbi ist wohl IV-Alternative Nr. 1. Bleibt die Frage ob Neumann als Rechts- oder Innenverteidiger auflaufen wird. Da 96 auf offensivstarke und dynamische AVs setzt, würde ich auf Neumann als RIV tippen und Jannik Dehm hinten rechts erwarten, der schon in der Hinrunde lange anstelle von Muroya gespielt hat. Grundsätzlich bietet er am Ball zwar wesentlich weniger, könnte dafür aber etwas mehr Sicherheit in die Defensiv, was im Duell gegen Dompe durchaus Sinn ergeben könnte.

Vor der Abwehr sollte alles beim Alten bleiben. Kunze als 6er davor, Leopold und Oudenne auf den 8er Positionen. Ernst auf der 10 und ganz vorne Harvard Nielsen und Shooting-Star Nicolo Tresoldi.

Hannover baut meist in einem 2-1 auf. Die Innenverteidiger schieben etwas breit heraus, Kunze agiert als Anker dazwischen und kippt situativ auch mal zwischen die beiden IVs. Die Schienenspieler (Außenverteidiger) schieben im Aufbau auf Höhe der beiden 8er, diese kippen allerdings auch im Aufbau in tiefere Räume. Hohe lange Bälle sind bei 96 eher die Seltenheit. Viel mehr hat man es in der Vergangenheit beobachten können, dass gerade Marcel Halstenberg sich in die Breite bewegt und diagonale Pässe auf Tresoldi oder Nielsen spielt. Von dort aus bietet sich entweder die direkte Tiefenverbindung über Köhn an oder ein Steil-Klatsch mit Ernst.

Die Frage wird berechtigt sein, ob Arrey-Mbi und auch Neumann diese Passstärke Halstenbergs auffangen können. Gerade Neumanns Spiel zeichnet sich mehr durch sein Andribbeln aus, anstatt seines vertikalen Passspiels.

Ein weiteres Mittel mit dem sich Hannover 96 offensiv bedient, ist das Überladen von Zonen im Halbraum. Da die Breite im 96 Spiel meist von den Außenverteidigern hergestellt wird, hat 96 eine hohe Anzahl von Spielern in zentraler Position.

96 schafft es in diesen Situationen entweder mit ihrem Kurzpassspiel in die Tiefe zu kommen, oder über eine Kombination den isolierten Köhn / Muroya ins Spiel zu bekommen. Speziell Nielsens Tendenzen Abzukippen machen 96 oft gefährlich, da sie zügig ballnahe Überzahlen herstellen können.

Mal in die Tiefe kombiniert, zeichnet sich Hannover über ihr Nachrückverhalten in den Rückraum der Box aus. Tresoldi und Nielsen schaffen es meistens beide gegnerische Innverteidiger zu binden, sodass der Raum hinter dem 11m-Punkt bespielbar wird. Die 96 Schienenspieler suchen diesen konsequent und finden meist Ernst, Leopold oder Oudenne.

Gegen den Ball läuft Hannover auch in einem Rautensystem an, in der Höhe allerdings komplett variabel.

Sah man gegen Hansa Rostock noch einen etwas tieferen 41212 Block, so war man gegen den FCN weitaus aggressiver im Anlaufen unterwegs. Ähnliches erwarte ich von Leitl auch gegen den HSV.

Ernst schiebt in diesem Konstrukt oft zwischen Tresoldi und Nielsen um die Zentrale mit seinem Deckungsschatten aus dem Spiel zu nehmen. Ähnliches gilt auch für Oudenne und Leopold. 96 spielt wenig Mannorientierungen und ist eher daran interessiert das Spiel durch ihre Struktur in gewisse Zonen zu lenken. Die gegnerischen Außenverteidiger sind meist die freien Spieler im Aufbau und werden erst nachdem sie angespielt wurden von der ballnahen 8 angelaufen. 96 greift nach diesem Ball in die Breite zu und schiebt auf die gegnerischen Spieler. 96 macht das zwar ziemlich gut, allerdings heißen die anderen Außenverteidiger der Liga nicht van der Brempt und Muheim, die im Ligavergleich einige Qualitäten am Ball mitbringen.

Vor Hannover 96 stehen am Freitagabend viele Fragezeichen. Eigentlich weiß man nicht so recht, was man von den Norddeutschen nun erwarten soll. Sei es wie man personell Halstenberg und Köhn ersetzen will oder wie man ihre enorme Spielstärke als Team auffangen will. Hannover sollte man dennoch nicht unterschätzen. Ihr ballnahes Überladen in der Halbspur und die Disziplin im Nachrücken machen sie zu jeder Zeit gut für ein Tor.

Auch tabellarisch bringt die Partie eine gewisse Brisanz mit. Mit einem Auswärtssieg würde sich 96 nochmal anmelden für das Rennen um den direkten Aufstieg, mit einer Niederlage wäre man allerdings satte 9 Punkte vom HSV entfernt.

Man sollte 96 nicht unterschätzen. Auch ohne Halstenberg und Köhn können die Hannoveraner was am Ball. Oder um HSV-Fans an das Hinspiel zu erinnern: Nach der roten Karte für Ramos hat auch keiner mehr mit 3 Punkten in Hannover gerechnet.

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