Passing Danger Index (PDI) und andere Indexe

Ich habe mich inspirieren lassen, aber nicht vom HSV. Und trotzdem sind es letztendlich HSV-Akteure, die ich hier in den Fokus stellen möchte, um ihr Spielerprofil und ihre Rolle auf dem Platz klarer aufzuzeigen. Mittlerweile sind es viele gewöhnt einen schnellen Blick auf die Webseite FBref zu werfen und schon weiß jeder was ein Spieler gut und schlecht kann. Wir haben sie alle schon mal gesehen, die grünen Balkendiagramme (siehe Beispiel zu Bénes). Trotzdem geht dabei einiges an Information verloren. Entweder man belässt es bei den wenigen Datenpunkten oder man verliert sich in der Flut von Daten die im vollständigen Bericht dargestellt werden. Ich möchte hier beides etwas vereinen, um zugleich Eigenschaften und Qualitäten einzelner Spieler klar und fokussiert auszudrücken.

Die Inspiration dafür ist die Arbeit eines Anderen, der mit uns Bundesligafans regelmäßig visuell anschauliche Spielberichte über das X-Konto @BuLiAnalytics teilt. Und auch unter den Namen @BeGriffis teilt er häufig interessante Idee und Projekte zur statistischen Analyse vom Fußball. In einer dieser Analysen entwickelte er den sogenannten „Passing Danger Index“ (dt. Passgefahr-Index). Nun könnten wir für sowas statistische Wahrscheinlichkeitswerte wie xA (dt. erwartete Torvorlagen) anwenden und das wäre auch nicht falsch. Der Einblick den man dadurch gewinnt kann aber schnell falsch interpretiert werden. Als Beispiel: Jatta hat in meiner auf Ballbesitz bereinigten Berechnung einen xA-Wert der zu den oberen 27% der Liga auf seiner Position gehört. Wenn ich allerdings den Passing Danger Index benutze liegt sein Wert nur noch unter den oberen 41%. Woran liegt das? Einfach ausgedrückt, Jatta gibt zwar eine gute Anzahl von Torschussvorlagen, aber tut dies wenig in der Form von technisch anspruchsvollen Pässen und mehr aus gefährlichen Positionen heraus. Diese Unterscheidung wird durch den xA-Wert nicht berücksichtigt.

Passing Danger Index (PDI)
Deshalb hat Ben Griffis seinen Passing Danger Index entwickelt und wer genaueres dazu lesen möchte kann dies gerne auf seiner Webseite tun. Während er dafür jedoch vier Metriken vom Datenanbieter Wyscout nutzt, habe ich mich dazu entschieden ähnliche Werte von FBref anzuwenden, weil ich zu geizig (oder arm) bin. Seine Werte sind dabei die folgenden:

  • Smart pass: Ein kreativer und durchdringender Pass, der versucht, die defensiven Linien der Gegner zu durchbrechen, um einen bedeutenden Vorteil im Angriff zu erlangen.
  • Tiefe Vollendung: Eine Flanke oder ein Pass, der auf die Zone innerhalb von 20 Metern des gegnerischen Tores abzielt.
  • Schussvorlage: Die letzte Aktion eines Spielers, bevor ein Teamkollege einen Schuss abgibt.
  • Schlüsselpass: Ein Pass, der sofort eine klare Torchance für einen Teamkollegen schafft.

Ich nutze hingegen folgende Werte:

  • Steilpass: Vollständige Pässe von den Verteidigern in den offenen Raum.
  • Tiefe Vollendung: Eine Flanke oder ein Pass, der erfolgreich in den Strafraum gespielt wurde.
  • Schusserzeugender Pass im Spiel: Abgeschlossener aktiver Pass, der innerhalt von 2 Aktionen zu einem Schussversuch führt.
  • Schlüsselpass: Ein Pass, der einen Torschuss direkt vorlegt.

Die Bedeutung dieser Metriken ist nicht immer identisch, aber ausreichend ähnlich. Im nächsten Schritt werden diese Werte aber nicht einfach addiert, sondern der sogenannte harmonische Durchschnitt berechnet. Warum harmonisch und nicht den normalen, arithmetischen Durchschnitt. Bei letzterem ist jede Zahl gleich gewichtet. Nun möchte ich aber erfahren, ob ein Spieler grundsätzlich ein kreatives Passspiel hat und somit alle Passarten, die in der Regel für Gefahr sorgen häufig umsetzt. Man stelle sich z.B. vor, dass ein Spieler viele Flanken erfolgreich in den Strafraum spielt, aber nur sehr wenige oder sogar keine Steilpässe. Dann ist dieser Spieler zwar ein guter Flankengeber, oder zumindest einer der regelmäßig einen Mitspieler im Strafraum erreicht, aber ein kreativer Passspieler der Marke László Bénes ist er deshalb noch lange nicht. Deshalb benutze ich den harmonischen Durchschnitt, denn anders als bei dem arithmetischen (normalen) Durchschnitt, hat das den Vorteil, das kleinere Werte eine größere Gewichtung bekommen. Mit dem harmonischen Durchschnitt können wir somit zeigen, dass ein Spieler nicht einfach Spezialist einer bestimmten Passkategorie ist, sondern ein breitgefächertes Kompetenzprofil als kreativer Passspieler hat. Zudem habe ich eine kleine Anpassung zu der Methode von Ben Griffis gemacht, die dem berechneten Wert eine klarere Bedeutung gibt. Um zu zitieren: „Ein Passing Danger Index (PDI) von 1,25 ist ein Hinweis darauf, dass wir 1,25 Pässe von jeder Art dieser Pässe pro 90 Minuten erwarten können, und nicht genau 1,25 pro 90.“ Da wir aber von 4 verschiedenen Pässen sprechen von denen hier ein Durchschnitt berechnet wurde, ist es meiner Meinung nach greifbarer den PDI mit 4 zu multiplizieren. Dann können wir von 5 (1,25×4=5) gefährlichen Pässen pro 90 Minuten sprechen, anstatt sich jedes Mal die Anzahl der verschiedenen Passarten vor Augen führen zu müssen. Das Resultat dieses Verfahrens zeigt zunächst, dass der im Winter nach Freiburg gewechselte Florent Muslija den mit Abstand besten PDI der 2. Bundesliga hat. Seinen 7,19 „gefährlichen Pässen“ pro 90 Minuten kommt kein Spieler mit mindesten 450 Minuten Spielzeit nah. Auf dem zweiten Posten stehen der HSV-eigene Immanuel Pherai mit 5,40 und auch László Bénes findet sich mit 4,13 auf Platz 10 wieder. Ein weiterer Spieler der für HSV-Fans von Interesse sein dürfte, ist Aaron Opoku, der zwar noch keine einzige Torvorlage diese Saison hat, aber sowohl sein xA als auch sein PDI-Wert sehen beindruckend aus. Allerdings hat er auch nur 662 Spielminuten ansammeln können und somit muss ggf. damit gerechnet werden, dass sich seine Werte mit mehr Spielzeit reduzieren werden. Und da er auch nur 3 Mal in der Startelf stand, haben seine Werte bestimmt auch viel mit der Phase des Spiels zu tun und dem Wunsch spät im Spiel nochmal Druck zu machen. Aus gegebenen Anlass lohnt es sich zudem einen weiteren Spieler zu erwähnen, den Wiesbadener Robin Heußer. Mit einem Wert von 3,37 ist er ligaweit auf Platz 19 einzustufen.

Andere Profil-Indexe
Da mir der PDI jedoch nicht genug war, habe ich die gleiche Methode in sieben anderen Bereichen angewendet, um damit ein ganzheitlicheres Bild von Profil und Rolle der jeweiligen Spieler zu schaffen. Entwickelt habe ich bis jetzt folgende Bereiche:

  • Defensive Absicherung/Defensive Cover (DCI): blockierte, geklärte und freie Bälle gewonnen.
  • Defensiver Druck/Defensive Pressure (DPI): Zweikämpfe gewonnen, gewonnene defensive 1-gegen-1 Aktionen, abgefangene Bälle und Kopfballduelle gewonnen.
  • Ballbesitzsicherheit/Possession Security (PSI): fehlkontrollierte und verlorene Bälle, sowie Fehlpässe.
  • Progressiver Druck/Progressive Pressure (PPI): Pässe & Ballführungen (prog. und ins off. 1/3), sowie erfolgreiche Dribblings. Hier habe ich nicht den harmonischen Durchschnitt genommen, sondern den arithmetischen (normalen), damit Spieler nur als Sicher eingestuft werden, wenn sie in allen Bereichen wenige Fehler machen.
  • Offensiver Druck durch Ballführungen/Carrying Pressure (CPI): Ballführungen (prog. und ins off. 1/3) und erfolgreiche Dribblings.
  • Progressive Anspieloption/Offensive Outlet (OOP): prog. erhaltene Bälle und Berührungen in den Strafraum.
  • Passgefahr/Passing Danger (PDI): Steilpässe, Pässe/Flanken in den Strafraum, schusserzeugende Pässe im Spiel und Schlüsselpässe.
  • Kreative Gefahr/Creative Danger (CDI): PDI + Ballführungen in den Strafraum und alle schusserzeugenden Aktionen.
  • Schussgefahr/Shooting Danger (SDI): schusserzeugende Schüsse und Schüsse auf das Tor.

Vollkommen glücklich bin ich aber noch nicht mit jedem dieser Indexe. Zum Beispiel bezieht sich Schussgefahr und Progressive Anspieloption (engl. outlet) nur auf zwei Metriken. Trotzdem scheint es mir, dass das Resultat ein realistisches Bild der jeweiligen Spieler aufzeigt. Besonders ein Aspekt gefällt mir:
Normalerweise stellen die oben genannten Balkendiagramme von FBref oder auch meine eigenen, einen Vergleich mit anderen Spielern auf der gleichen Position dar. Mit den von mir entwickelten Indexen ist dies nicht mehr notwendig, weil sich die Rollen der Spieler auch ohne eine solche auferlegte Kategorisierung bereits ziemlich gut darstellen lassen. Perfekt ist auch dies noch nicht, aber fürs erste scheint es die Spieler ziemlich gut einzuordnen. Die grafischen Darstellungen erinnern sogar sehr an Computerspiele wie Fifa oder Football Manager, wo in der Regel schon an der Form vom Radar zu erkennen ist, in welche Position ein Spieler am besten passt.

Aber gehen wir rein, damit ich euch das zwischenzeitliche Resultat zeigen kann. Dabei werde ich immer jeweils 2 Spieler in einer Grafik vergleichen, um die Unterschiede zu zeigen. Da uns als HSV-Fans diese Spieler ziemlich gut bekannt sind, sollte es wenige Überraschungen geben, aber in einem Scouting-Zusammenhang oder für die Vorbereitung auf einen Gegner, könnten solche Veranschaulichungen einen guten erste Schritt darstellen, um den Fokus auf die richtigen Spieler zu legen.

Warnung: Bei William Mikelbrencis und András Németh müssen die Werte mit Vorsicht betrachtet werden, weil sie durch die geringe Einsatzzeit etwas über und unter dem liegen wo sie sich auf Dauer einpendeln würden.

Der vorwärtsverteidigende Kontrolleur und der progressive Passspieler:

Der dribbelnde Innenverteidiger und der Bulldozer der keine No Look Pässe mehr spielen darf:

Der durchdribbelnde Außenverteidiger und das progressive, kreative Monster:

Pure Progressivität mit wenig proaktivem Verteidigen und der Defensiv-Allrounder:

Der besondere 6er mit offensiver Passgefahr und das progressive Monster mit Unsicherheiten in der Ballkontrolle und im Passspiel:

Pure Kreativität und Torgefahr plus progressives Monster:

Der Techniker und der Arbeiter:

Ein kreativer und ein (unkreativer) stürmender Flügel:

Die spielmachenden Mittelstürmer:

Benedikt
Benedikt
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