Platz 18 in der Formtabelle. Platz 18 in der Rückrundentabelle. Das hatten sich die Franken nach ihrer tollen Hinrunde sicherlich anders vorgestellt. 3 Punkte aus den letzten 5 Spielen, 12 Gegentore und nur 4 selbst geschossene Tore sprechen hier eine durchaus deutliche Sprache. Die Rolle des Geheimfavoriten hat die Spielvereinigung aus Fürth in den letzten Woche wohl verspielt.
Aber was ist los beim Team von Alexander Zorniger? Oder aus HSV formuliert: Was brauch es am Ostersonntag, dass man Fürth endgültig aus dem Kreis der Konkurrenten schießt? Eine Analyse:
Fürth agiert unter Zorniger nun schon seit einiger Zeit in einem 3412 und stellt sich auf vielen Positionen von selbst auf. Shooting-Star Urbig ist im Tor gesetzt, das gleiche gilt für Abwehrchef Michalski zentral in der Innenverteidigung. Auch Dietz sollte am Sonntag von Anfang an beginne dürfen, allerdings ist etwas unklar ob auf der linken oder rechten Innenverteidigerposition. Innenverteidiger Nr.3 wird entweder ex-HSVer Gideon Jung oder Routinier Gießelmann, da Zorniger heute bestätigte, dass Itter, der durchaus ein Kandidat für die IV-Position gewesen wäre, ausfällt. Auf der Schiene erwarte ich rechts Asta und links Haddadi. Wenn Zorniger links eine offensivere Variante bevorzugt, könnte auch Calhanoglu starten. Die Doppel 6 bildet der andere ex-HSVer Julian Green mit Freiburg Leihgabe Robert Wagner, der nach Rotsperre zurückkehren sollte. Auf der 10 Hrgota und in der Sturmspitze Armindo Sieb und Petkov. Lemperle wird wie Itter ebenfalls ausfallen.
Mit Ball zieht sich ein zentrales Problem durch das Spiel der Fürther: Man hat in dem 3412 ein kleines Staffelungsproblem.
Fürth baut mit breiten Innenverteidigern auf. Davor bieten sich beide zentralen Mittelfeldspieler in zweiter Linie für den ersten Pass an. Asta schiebt rechts auf der Scheine weiter hoch als sein Pendant Haddadi, allerdings stehen beide tendenziell etwas tiefer als man eigentlich von Schienenspielern gewohnt ist in so einem System.
Davor pendelt Hrgota vertikal und horizontal zwischen den Linien und füllt situativ auch mal im 6er Raum auf. Sieb hält permanent die Zentrale während Petkov durch die tiefere Position von Haddadi oft den linken Halbraum besetzen muss.
Es entsteht so situativ sogar ein flacher 4-2 Aufbau im Fürther Spiel, welcher allerdings sehr mangelhaft an das restliche Personal der Fürther angebunden ist. Fürth hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie der HSV vor ein paar Wochen in Düsseldorf.
Es befinden sich situativ einfach zu wenig Spieler in tiefen Zonen, was es nicht sonderlich kompliziert macht die Fürther Offensive vom Spiel zu isolieren. Dieses Problem wird verschlimmert, wenn auch Hrgota sich tief in der eigenen Hälfte die Bälle abholen muss. Es fehlt dann schon nach dem ersten Pass das Dreieck für eine Anschlussoption im Übergangsspiel. Auch ist Fürth zwischen der ersten und zweiten Linie extrem linear unterwegs. Für die äußeren Innenverteidiger ist meistens die erste Passoption auf den Schienenspieler vor ihnen. Als Folgeoption findet die Spielvereinigung meistens Hrgota zwischen den Linien, der generell viele Freiheiten im Spiel mit Ball genießt. Auf der linken Seite bietet sich auch Petkov für die Tiefe und Breite an.
Die Probleme bekam man zumindest gegen Hansa Rostock durch eine andere Staffelung der zentralen Mittelfeldspieler in den Griff. Steht nur ein 6er tief ist die Anbindung durch Greens gutes Positionsspiel und Hrgotas abkippen meistens gewährleistet, da man zusätzlich auch die hochgeschobenen Schienenspieler in der Breite finden kann.
Fürths Spiel im letzten Drittel zeichnet sich durch eine hohe Flankenintensität und gute Boxbesetzung aus. Mit Hrgota, Sieb und Petkov hat man nominell im letzten Drittel sowieso schon 3 Stürmer auf dem Platz, füllen nun noch die beiden 8er in und an der Box auf kann es durchaus unangenehm für den Gegner werden. Fürth sucht hier nicht unbedingt die Tiefe in der Breite, man gibt sich oft mit Flanken aus dem Halbfeld von Asta und Co. zufrieden. Was natürlich den Vorteil hat, dass durch ihre tiefere Position Fürth in einer besseren Restverteidigung zum Gegner steht. Allerdings resultiert daraus auch eine Armut an Chancenqualität. Fürth liegt mit nur 1,19npXG auf Platz 15 der Liga. Und auch die npXG pro Schuss machen hier nicht unbedingt mehr Mut. Hier liegt man mit 0,08 auf dem letzten Platz der Liga. Den Fürthern fehlt es hinter Sieb, Lemperle und Hrgota schlichtweg an Torgefahr. Schaut man blind auf die Statistik haben nur diese 3 einen höheren npXG Wert als 3 zum jetzigen Zeitpunkt der Saison. Zum Vergleich: Beim HSV sind es 7 und da hat Robert Glatzel einen höheren Wert als alle 3 Fürther zusammen.
Allerdings knirschte das Getriebe auch gegen den Ball zuletzt. 9 Gegentore in den letzten 3 Spielen verdeutlichen dies. Auch die Expected Goals Against sind da nicht unbedingt freundlicher: 2,33 xGA gegen Rostock, 3,64 gegen Elversberg und 2,48 gegen Karlsruhe. Der defensive Output bei der offensiven Harmlosigkeit ist ein absoluter Killer in dieser engen Liga, vor allem wenn man noch Ambitionen für Platz 1 bis 3 hatte.
Fürth attackiert den Gegner um die Mittellinie in einem 523. Hrgota schiebt vor in die erste Linie und splittet die anderen beiden Angreifer. Das Anlaufen in erster Linie ist variabel. So war es gegen Rostock extrem konservativ, aber zuhause gegen Elversberg lief man den Gegner im gegnerischen 16er an. Die gesamte Struktur ist zusätzlich sehr mannorientiert. Green und Wagner verfolgen hier blind ihre Gegenspieler, in welcher Linie auch immer sie sich befinden. Strukturell gab dies im Rostock Spiel durchaus interessante Formationen, da Green und Wagner-Vertreter Consbruch teils neben den Angreifern in der ersten Defensivlinie standen. Diese extremen Mannorientierungen öffnen dem Gegner gerade im Mittelfeld teils enorme Räume.
Werden die gegnerischen Mittelfeldspieler nicht bei einem Abkippen verfolgt, kann man sich relativ problemlos aus dem Fürther Anlaufen befreien. Hansa Rostock reichte situativ ein diagonaler Ball auf einen abgekippten zentralen Mittelfeldspieler um sich aus dem Druck befreien zu können.
Zusätzlich schafft es Fürth nicht immer ihren Deckungsschatten gut und effektiv einzusetzen. Die diagonalen Optionen bei den Passwinkeln sind durch das lineare Anlaufen der Franken durchaus gegeben. Die erste Defensivlinie schafft es nicht immer den Gegner hier richtig unter Druck zu setzen oder ihm durch cleveres Abwarten die Optionen zu nehmen.
Auch bietet das brutale Vorwärtsverteidigen der Innenverteidiger durchaus Optionen für den Gegner. Fürth agiert hier mit ziemlich viel Risiko und verfolgt die gegnerischen Spieler teils weit in andere Zonen hinein. Es ist hier absolut übertrieben dargestellt, allerdings ist das pure Absicht. Kann man einen der Innenverteidiger mal herausziehen, bietet sich zusätzlich die Option vom langen Ball in die Schnittstelle an. Schumacher hatte hier speziell gegen Asta durchaus gute Momente vor zwei Wochen.
Die Mannorientierungsproblematiken zeigen sich auch im Umschaltspiel. Dies hat man eindrucksvoll zu spüren bekommen im Spiel am Millerntor vor einigen Wochen. Hat man Fürth mal an den eigenen 16er gelockt, so wurden die Räume auf dem Rest des Spielfeldes unglaublich groß. Pauli schaffte es zusätzlich, dass man Afolayan immer wieder in 1 gegen 1 Situationen in ihrem de-Zerbiesquen Umschaltspiel bekam. Die Wucht die Pauli gerade in HZ1 hier entwickeln konnte war brutal.
Lediglich Fürths brutale Intensität und Qualität im Gegenpressing ist noch ansatzweise auf Hinrundenniveau. Hohe Ballgewinne sind keine Seltenheit und findet man in diesen Situationen Green oder Hrgota wird es ganz schnell gefährlich für den Gegner.
Mein Ausblick für Sonntag ist durchaus optimistisch. Mit Meffert, Reis, Pherai und Benes wird der HSV eine unfassbar große zentrale Wucht auf Green und Wagner entwickeln. Hat Fürth hier keine Anpassung parat, wird denen die Zentrale wahrscheinlich mächtig um die Ohren fliegen. Schafft es Fürth allerdings durch gutes Vorwärtsverteidigen Pherai und Benes aus dem Spiel zu nehmen, dann öffnet es dem HSV die langen Bälle auf Jatta und wahrscheinlich Königsdörffer. Speziell Jatta gegen Haddadi liest sich auf dem Papier als absolutes Mismatch für die Fürther.
Der HSV hat alles, was man brauch um den Fürthern weh zu tun am Ostersonntag. Legt man sich die Eier aber wieder selber ins Osternest, kommt wahrscheinlich auch Fürth in ihre alten und schon in vergessen geratenen Stärken zurück.