Es kommt mir vor als würde ich Woche für Woche die gleiche Einleitung schreiben. Für den HSV geht es nach Wiesbaden, Fürth und Kaiserslautern gegen den nächsten Club, der diesen Frühling noch so gar nicht in Fahrt gekommen ist. Dabei sieht das Jahr vom FCM eigentlich gar nicht so schlecht aus. Zumindest zuhause. So konnte man gegen das aktuelle Spitzenduo der Liga immerhin 4 Punkte holen. Es schien als hätte man mit dem brutalen Abstiegskampf in dieser Liga wahrscheinlich nichts zu tun, vor allem da man sich nach diesen Achtungserfolgen zwei Wochen später gegen Konkurrent Schalke 04 3:0 durchsetzen konnte.
Seitdem geht es für den 1.FC Magdeburg und Ex-HSV Trainer Titz aber nur noch in eine Richtung. Nämlich bergab. Es folgten nur 2 Punkte aus den nächsten 5 Spielen und das mit einer Ausbeute von 0:11 Toren. Unterm Schnitt stehen in diesen Partien 5,10 expected Goals, was 1,02 pro Spiel bedeutet. Es ist natürlich verheerend, dass man aus dieser Zahl kein einziges Tor erzielen konnte, allerdings ist der Schnitt sogar unter dem Saisondurchschnittswert von 1,26. Damit belegt Magdeburg übrigens den 15. Platz der Liga.
Sucht man nur in den Zahlen und Daten eine Lösung für diese Offensivarmut der Magdeburger, dann findet man sie unter anderem in der Schwäche bei Standardsituationen. Nur 4 Tore konnte man bis zum jetzigen Zeitpunkt per Standard erzielen. Statistisch erzielt man 0,17xG pro 90 Minuten per Standards. Platz 18 der Liga.
Aber liegt es nur an den Standards? Die Magdeburger hatten in den letzten Wochen immer wieder Probleme ihre Spielidee umzusetzen. Über die gesamte Saison betrachten, haben sie die meisten linienbrechenden Pässe (Smart Passes) der Liga gespielt, aber in der Rückrunde wurden es immer weniger. Und tatsächlich ist der Trend bei allen relevanten Metriken im raumgewinnenden Spiel negativ. Progressive Aktionen, Spiele ins offensive Drittel und Spiele in den Strafraum sind alle weniger geworden.




Und somit liegt die Chancenarmut beim FCM wohl auch nicht nur an der schlechten Ausbeute bei Standards. Denn zuletzt sind bei ihnen alle auf Chancenerspielen ausgerichteten Metriken in einen freien Fall geraten. Und zugleich ist auch die Chancenverwertung in den letzten Wochen immer schlechter geworden, wie die Differenz zwischen Toren und xG in der 2. der folgenden Grafiken wiedergibt.


Dies ist ein Trend der sich bei den Magdeburgern durch die ganze Rückrunde zieht. Weniger Tore, schlechtere Chancenqualität und Verwertung, sowie eine größere Abschlussdistanz sind alles Entwicklungen die sie seit Januar erleben mussen.

Aber wo liegen die Probleme auf dem Platz? Ich war wie immer auf Spurensuche.

Personell steht Trainer Titz vor dem ein oder anderen Fragezeichen. Der etatmäßige rechte Innenverteidiger Tobias Müller muss aufgrund der 5. gelben Karte pausieren. Auch Allrounder Hugonet wird das Spiel am Sonntag verpassen.
Reimann wird im Tor stehen, davor sind Heber auf der halblinken Position und Elfadli in der Zentrale gesetzt. Die RIV-Position wird entweder Lawrence oder Hotz besetzen, die beide keine Spielpraxis aus den Vorwochen sammeln durften. Auf den Schienen erwarte ich Bell Bell und Bockhorn. Zentral wird wohl Conde den an der Schulter angeschlagenen Hugonet ersetzen. Gnaka wird daneben agieren. Auf der 9er Position wird wohl Luca Schuler den Startelfplatz kriegen. Auf einer der Halbraumpositionen spielt Starspieler Atik, der links wie rechts kann. Auf der anderen Seite ist es eine kleine Lotterie. Nollenbacher startete zwar gegen Elversberg, aber Ito, Ceka und Texeira sind hier durchaus Optionen.

Das Team mit dem meisten Ballbesitz der Liga lebt und praktiziert den geordneten Aufbau im Ballbesitzspiel und das mit allen 11 Mann auf dem Platz. Im tiefen Ballbesitz schieben beide Halbverteidiger breit heraus und bilden mit Torwart Reimann eine Torwartkette. Davor schiebt Elfadli hoch und schiebt neben Gnaka. Es entsteht oft ein 3-2, aber die Strukturen sind hier durchaus variabel. Im Zwischenraum schwebte Hugonet gegen Elverberg etwas in der Versenkung und besetzte eher den Halbraum um Atik nicht seinen Raum zum Abkippen wegzunehmen. Gestaffelt ist dieses Konstrukt nicht immer ideal. Teils finden sich viele Magdeburger in einer vertikalen Linie wieder und auch die generelle Tiefe war speziell gegen Elversberg nicht immer gut.

Aus etwas höheren Zonen fällt dann Elfadli in die Position zwischen die beiden Halbverteidiger. Gnaka agiert dann oft als alleiniger Mann vor der ersten Aufbaulinie. Mit Einwechslung von Conde, fiel auch er des Öfteren neben Gnaka. Die Probleme blieben allerdings die gleichen. Wenig Tiefe im Magdeburg Spiel und wenig Bindung ins letzte Drittel. So gab es Situationen in denen sich zwischen Schuler und zentralem Mittelfeld teils ein riesiges Loch aufbot. Auch merkte man den Magdeburgern ihr fehlendes Selbstvertrauen an. Die Lösungen, die sich hier und da mit einem Risikopass im Zentrum auftaten, wurden oft nicht gewählt oder waren unsauber, was diese Problematiken in der Entscheidungsfindung sicher nicht verbessert hat. Generell fand man wenig Lösungen durch das Zentrum. Viel mehr erkannte man bei den Magdeburgern eine hohe Linearität auf der Schiene und / oder Halbraumschiene. Man suchte hinter der Kette in diese breiten Zonen oft die Tiefe und fand sie auch situativ, allerdings trotzdem ohne richtig zwingend zu werden.
Die vielen langen Bälle auf Schuler landeten meist umgehend beim SV Elversberg. Es fehlte hier an Personal in Ballnähe, Timing und genereller Struktur für diese Art von Fußball. Zugleich kam durch die Einwechslung Condes auch nicht mehr Tiefe ins Spiel. Hier gab es Situationen in denen Magdeburg teils mit 5 Mann plus Torwart gegen die erste Defensivlinie Elversberg agierte.

Auch ist das Abkippverhalten der drei Zentralen um Elfadli, Gnaka und Conde teils zu extrem. Kombiniert man die Problematiken mit der Breite der Schienenspieler und kippt Atik nicht in die Tiefe ab (oder ist trotz Abkippens nicht anspielbar), dann entsteht zentral ein riesiges Loch, was progressives Spiel fast unmöglich macht.

Mit zunehmender Spielzeit kam allerdings etwas mehr Sicherheit in das Magdeburger Spiel zurück. Die Einwechslungen von Ito und Texeira sorgten für weitaus mehr Fluidität im letzten Drittel. Und somit könnten sie laut Medienberichten sogar in die Startelf rücken. Auch wurden die Räume vor der Kette jetzt weitaus besser besetzt.
Erfolg hatte man zumeist über Isolieren auf der Schiene. Im Vorlauf dieser Aktionen zeigte der FCM seine Stärken im Ballbesitzspiel. Man verlagerte oft übers Zentrum und bewegte den Ball durchaus fluide durch die Horizontale.

Gegen den Ball agieren die Magdeburger aus einem 523 mit springenden Flügelverteidigern. Generell zeichnet sich das Magdeburger Defensivspiel durch ein hohes Anlaufen und intensives Gegenpressing aus. Man geht dabei aber oft ein hohes Risiko. Die Räume zwischen den Ketten sind meist riesig für den Gegner. Auch das Durchkombinieren kann den Gegnern gelingen, wenn der erste Druck um- oder überspielt ist.
Im hohen Anlaufen verteidigt der FCM meist mannorientiert, sodass es strukturell nochmal anders aussieht als aus ihrer 523 Basis hinaus. Ähnliches erwarte ich auch gegen den HSV. Im Spiel gegen Elversberg sah es derweil nach einer Art 4123 aus. Speziell ist hier die Rolle der echten 9. Dieser agiert nämlich nicht mannorientiert gegen einen Innenverteidiger, er orientiert sich viel mehr an der gegnerischen 6 und schiebt situativ auf den Torwart durch. Allerdings gehen die Magdeburger Defensivprobleme schon in ihrer ersten Defensivlinie los. Das Anlaufverhalten von ins Besondere Atik ist meist nicht ideal, auch reagiert man in der Folge auf Rochaden und Dynamiken nicht immer geschickt. Die Übergabe nach Überladen des Gegners ist oft katastrophal und zieht sich durch jede Spielphase inklusive das Verhalten in der Box.

Elversberg hatte Erfolg mit vielen Steil-Klatsch Elementen und spielen über Dritte. Magdeburg ist in ihren Man-Markings meist in letzter Linie viel zu weit weg um das Spiel effektiv zu stören und das Übergangsspiel letztendlich auch zu verhindern. Ist die erste Magdeburg Linie mal überspielt bieten sich unglaubliche Räume vor der letzten Kette.

Auch zeigte man sich im Spiel gegen Elversberg durchaus verwundbar gegen Tiefenläufe aus dem 8er Raum. Sei es über den freigewordenen Raum hinter einem vorwärtsverteidigenden Innenverteidiger oder über einen Tiefenlauf eines 8ern in die Schnittstellen. Speziell bei Überladen der Halbräume sollten für den HSV Optionen aufgehen. Das Übergeben in ihren Mannorientierungen ist mangelhaft und zieht sich durch jeden Mannschaftsteil. Stiftet man hier Chaos, wird man daraus sicher Kapital schlagen können.
Zusammengefasst ist das Magdeburger Spiel nach der Serie, die sie zuletzt hingelegt haben, ungefähr das was man erwarten kann. Es ist verunsichert, mit wenig Selbstvertrauen und sehr fehleranfällig. Speziell für eine Mannschaft die über den Ballbesitz kommt, ist diese Phase nicht unbedingt ideal. Kriegt Magdeburg auch ihre Probleme gegen den Ball nicht abgestellt, dann könnte es ein langer Sonntagnachmittag für die Magdeburger werden, denn was Überladen, 8er-Tiefenläufe und Übergangsspiel angeht, kommt mit dem HSV ein ganz schöner Brocken auf sie zu.