Rautenball EM-Preview: Gruppe F

18.6, 18 Uhr Türkei – Georgien in Dortmund

18.6, 21 Uhr Portugal – Tschechien in Leipzig

22.6, 15 Uhr Georgien – Tschechien in Hamburg

22.6 18 Uhr Türkei – Portugal in Dortmund

26.6, 21 Uhr Tschechen – Türkei in Hamburg

26.6, 21 Uhr Georgien – Portugal in Gelsenkirchen

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Türkei

16 Jahre ist es her, dass die türkische Nationalmannschaft das letzte Mal bei einer Endrunde über die Gruppenphase hinaus kam. Seit dem EM Halbfinale gegen Deutschland überwiegt dann aber nur Enttäuschung. Enttäuschung über eine verpasste WM-Qualifikation oder über ein Vorrundenaus bei einer EM Endrunde.

Aber dieses Mal könnte alles anders werden. Es weht ein neuer Wind im türkischen Verband seit Vincenzo Montella die Trainerposition übernommen hat. So qualifizierte man sich als Gruppenerster für das Turnier in Deutschland. Die Euphorie war zurecht groß, vor allem nachdem man sogar die deutsche Nationalmannschaft in einem Spiel in Berlin schlagen konnte. Trotzdem waren die weiteren Tests vor der EM eher enttäuschend mit einem 1:6 gegen Österreich und einem 0:1 gegen Ungarn. Dennoch sollte man diese beiden Testspiele sicherlich nicht zu hoch werten. Aber was können wir von der Türkei erwarten? Wird es wieder eine enttäuschende Europameisterschaft oder könnte es dieses Jahr wirklich weit gehen für die Türkei?

Kader & Formation

Montella setzt in seinem Spiel auf eine 4-2-3-1-Grundformation. Im Tor ist Ugurcan Cakir von Trabzonspor gesetzt. In der Innenverteidigung ist es dafür ein absolutes Ratespiel. Personell hat Montella praktisch vier Optionen. Er könnte auf das EM-Quali-Duo von Bardakçi (Galatasaray Istanbul) und Akaydin (Panathinaikos Athen) setzen. Aber auch Demiral (Al-Ahli) oder Söyüncü (Fenerbahce) sind Varianten. Eine weitere Option wäre Ex-Schalker Kaan Ayhan (Galatasaray). Ozan Kabak (TSG Hoffenheim) wird das Turnier verpassen.

Die Außenverteidigerpositionen sollten dafür klarer sein. Auf der rechten Seite erwarte ich Kadioglu (Fenerbahce). Dieser spielt zwar bei Fenerbahce Istanbul meist auf der linken Außenverteidigerposition, ist aber wohl die präferierte Wahl für die rechte Seite der Türken. Auf der linken Seite setzt Montella auf etwas mehr Absicherung und bringt hier oft den jungen Özkacar (FC Sevilla). Auch dieser ist nominell eigentlich kein klassischer Linksverteidiger, sondern agiert beim FC Sevilla meist als Innenverteidiger. Für die Art des Fußballs machen diese Profile am Ende Sinn, auch wenn es im ersten Moment etwas verwirrend wirken kann. Alternativ könnte Kadioglu die linke Seite bespielen und wird rechts entweder durch Celik (AS Rom) oder Müldür (Fenerbahce) vertreten.

Davor agiert eine Doppel-6 mit einem 10er davor, die Montella personell durchaus an den Gegner anpasst. Auf einer dieser Positionen ist Schlüsselspieler Hakan Calhanoglu (Inter Mailand) gesetzt. Agiert dieser auf der 10, weil man etwas mehr Defensivstärke benötigt, besteht die Doppel-6 dann meist aus Özcan (Borussia Dortmund) und Yüksek (Fenerbahce). Da sich Montella allerdings oft die tiefen Spielmacherqualitäten von Calhanoglu zunutze macht, ist das 6er-Paar meist Calhanoglu plus Özcan. Kandidaten für die 10er-Position sind Kökcü (Benfica Lissabon) oder Shootingstar Arda Güler (Real Madrid). Aufgrund der fehlenden Spielpraxis und der dennoch enorm hohen Qualität ist Kökcü für mich hier die logischere Wahl.

Auf den Außen sind wohl links Aktürkoglu (Galatasaray) und rechts Kahveci (Fenerbahce) gesetzt. Hier fehlen allerdings klare Alternativen, da Yilmaz (Galatasaray) meistens die 9er-Position besetzt. Aber auch der 19-jährige Kenan Yildiz (Juventus Turin) könnte durchaus eine Option für außen sein. Im Sturm sieht es so aus, als würde Yilmaz das Rennen machen. Hier hat die Türkei allerdings eine sehr ordentliche Breite mit dem schon genannten Yildiz, Kılıçsoy (Besiktas) oder Altstar Tosun (Besiktas).

Spiel mit Ball

Die Türkei ist in ihrem Spiel durchaus variabel in ihrem Ansatz. Man passt sich hier (situativ auch zwangsläufig) durchaus seinem Gegner an. So hat die Türkei kein Problem sich gegen vermeintlich stärkere Gegner abwartend hinten reinzustellen. Allerdings macht das nun mal nicht jeder Gegner mit.

Im eigenen Ballbesitzspiel agiert die Türkei aus einem 2-2-(3)-Aufbau heraus. Das Innenverteidigerpärchen fächert wenig breit auf und bildet mit der Doppel-6 davor schon fast ein symmetrisches Rechteck. Hinter diesem Rechteck entsteht mit dem 10er eine Linie weiter ein Dreieck mit meist geringen Abständen. Geflankt wird dieses von halbraumagierenden Flügelspielern, die immer in der Nähe des 10ers herumroamen. Die im halbraumagierenden Flügel öffnen die Schiene für die Außenverteidiger, speziell in höheren Zonen sieht man sie immer wieder nachschieben. Passiert das, fällt oft einer der Achter in tiefere Zonen für eine andere Struktur im Aufbau.

Im Spiel der Türken ist aber eine starke Rechtslastigkeit zu erkennen. Kadioglu ist viel öfter in höheren Zonen zu finden als der nominelle Innenverteidiger Özkacar auf der linken Abwehrseite.

Das Ziel der Türkei ist es oft, mit wenigen Stationen oder Kontakten das Spielfeld zu überbrücken. Im Idealfall kann einer der Innenverteidiger entweder mit einem linienbrechenden Pass den Stürmer, Zehner oder einen Halbraumspieler in der Nähe der letzten Linie finden. Der Spieler lässt dann auf den ballnächsten Spieler klatschen, gesucht wird hier aber immer wieder Hakan Calhanoglu, der danach das Spiel im letzten Drittel dirigiert.

Die Abkippbewegungen in der letzten Linie werden dabei permanent mit startenden Tiefenläufen kombiniert. Calhanoglu hat nun die Möglichkeit, sofort den startenden Kahveci in Szene zu setzen.

Durch den eingerückten Aktürkoglu hat Calhanoglu aber auch die Möglichkeit, das Spiel auf die ballferne Schiene zu verlagern. Da auch Aktürkoglu startet, zieht er den Raum vor dem vorschiebenden Özkacar sogar noch weiter auf.

Aus diesen Situationen sucht die Türkei dann die Dynamik in die Box herein. Allerdings immer überlegt und geordnet. Kadioglu und Özkacar suchen eben nicht, wie vielleicht gedacht, direkt eine Flanke, sondern spielen die Türkei es oft aus diesen Situationen überlegt mit einem flachen Ball in die Box aus, der auch oft einen Abnehmer findet.

Ähnliches passiert, wenn die Türkei ihren Gegner mit ihrem Personal in dessen eigene Hälfte drängt. Hier drücken die Türken oft auch mit ihren Innenverteidigern das Spiel des Gegners weit in deren Hälfte. In der letzten Linie agiert man nun mit einer horizontalen Linie aus fünf Spielern, speziell gegen Viererketten ist dies oft effektiv. Die Prinzipien sind dennoch dieselben. Man sucht über einfaches Klatschspiel über Dritte danach die Breite über Kadioglu, der meist ohne direkten Gegenspieler in die Dynamik gehen kann. Das Nachrückverhalten der Türken in die Box ist hier gut, wenn auch nicht perfekt.

Das größte Asset der Türken ist wohl Hakan Calhanoglu, der schon kleine Fehler in Kettenhöhe und Staffelungen brutal bestrafen kann. Auch bringt Yilmaz im Sturm ein passendes Outlet für das türkische Spiel mit, welches speziell gegen stärkere Gegner viel auf lange Bälle hinter die Kette setzt. Yilmaz hat die Geschwindigkeit und Intelligenz, seine Rolle als 9 sehr weitläufig auszuüben, und bietet sich immer wieder für Tiefenläufe an.

Die Türken agieren immer mit einem gewissen Risiko, welches aber in den richtigen Momenten durchaus Wucht entfachen kann.

Spiel gegen den Ball

Auch im Spiel gegen den Ball ist die Türkei durchaus variabel. Klassisch agieren die Türken aus einem 4-3-3 oder 4-4-2 heraus. Hier wird sich je nach Gegnerstruktur angepasst. Allerdings ohne sich dabei vor dem eigenen Strafraum zu barrikadieren. So bringen die Türken durchaus hohe Momente mit einem aggressiven Angriffspressing mit sich.

Im 4-4-2 der Türken schiebt der Zehner in die erste Linie neben Yilmaz. Im 4-3-3 wird diese erste Linie von einem der Flügelspieler unterstützt. Dies passiert auf beiden Seiten, sodass entweder der rechte oder linke Mittelfeldspieler die Tiefe absichern muss, während der andere vorschiebt. In den Pendelbewegungen entstehen hier kleine Asymmetrien. Die Koordination dieser Bewegungen gelingt allerdings nicht immer, sodass die Türken durchaus auch mal in einem 4-2-4 ihrem Gegner gegenüberstehen und das Zentrum sich situativ in Unterzahl befinden kann.

Beim Verteidigen der Zwischenlinienspieler verfolgen die Türken einen leicht anderen Ansatz als die meisten Teams in diesem Turnier. Hier springen nicht die Innenverteidiger in den Zwischenraum vor, sondern, wenn möglich, die Außenverteidiger.

Sind diese nicht gebunden, schieben sie in den Zwischenraum auf den Gegenspieler zu. Auch hier gehen die Türken wieder viel Risiko ein. Der Raum, den Kadioglu mit so einer Bewegung aufmacht, ist immens groß.

Man kann sich nun einigermaßen vorstellen, welche Probleme es bei den Türken und ihrem hohen Anlaufen geben könnte. Sind die Pendelbewegungen der Flügel nicht gut getimed und springt der Außenverteidiger nicht im richtigen Moment, kann der Gegner sehr direkt die Schiene überspielen.

Die Räume, die die Türkei im Zentrum schließen muss, sind riesig und auch die Tiefe ist bei zu wenig Druck plötzlich gefundenes Fressen für den Gegner der Türkei.

Im letzten Drittel verteidigt die Türkei stark mannorientiert. Das Übergeben ist oft unsauber und bietet dem Gegner durchaus Räume zum Bespielen. Je tiefer die Türkei in ihre Box gedrängt wird, desto wackliger wird es meistens. Die Boxverteidigung wirkt oft chaotisch und auch das Zweikampfverhalten ist nicht immer auf dem Niveau, um bei einer EM lange im Turnier zu bleiben. Die drei Elfmeter, die man im Test gegen Österreich verschuldete, wirken nicht zufällig.

Diese Fehleranfälligkeit, sei es in mannschaftstaktischen Dingen oder individuellen Aktionen, muss die Türkei für ein gutes Turnier dringend abstellen. Zu viele Defensivfehler sind für keine Offensive dieser Welt aufzufangen.

Prognose

Die Zukunft der Türkei sollte gesichert sein. Mit Spielern wie Güler, Uzun, Yildiz und Co. wartet eine fast schon goldene Generation auf ihre Chance. Dieses Turnier wird wahrscheinlich für viele zu früh kommen. Aber die Türkei hat die Qualität schon in diesem Turnier den Grundstein für diese Zukunft zu setzen, wenn man nicht über die eigenen Beine stolpert und sich vor allem gegen den Ball etwas intelligenter anstellt as noch in den Testspielen zuvor. Mit den türkischen Fans im Rücken wird jedes Spiel wahrscheinlich zu einem klaren Heimspiel.

Mit etwas Glück und einem sauberen defensiven Spiel könnte man vielleicht auch eine Überraschung des Turniers werden. Aber es reicht meist ein defensiver Bock um alles aufgebaute aus dem Nichts wieder einzureißen.

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Georgien

Dramatischer hätte man es nicht schaffen können. Erst im Elfmeterschießen setzten sich die Georgier gegen Griechenland in den Playoff-Finals durch. Aber alles egal: Am Ende stand der erste Endrundeneinzug der Geschichte des georgischen Fußballs. Und das alles aus 8 Punkten in 8 Qualifikationsspielen aufgrund der etwas wirren Regel um die Playoff-Thematik während der EM Quali. Dies machte diesen historischen Play-Off Run erst möglich. Was können wir von dem 4. platzierten und der Mannschaft von ex-Bayern Spieler Willy Sagnol erwarten? Underdog mit Überraschungsmöglichkeit oder doch nur Kanonenfutter?

Kader & Formation

Sagnol setzt ausschließlich auf eine 3-4-1-2-Grundformation. Im Tor spielt wohl nach Schlüsselspieler Kvaratskhelia (Napoli) der bekannteste Georgier Mamardashvili, der Stammtorwart bei FC Sevilla ist. Das Dreierkettengespann wird gebildet aus Kapitän Guram Kashia (Slovan Bratislava), Solomon Kvirkvelia (Al-Okhdood) und Luka Lochoshvili (Cremonese). Als Alternative, vor allem für die Position des linken Innenverteidigers, kommt auch Lasha Dvali (APOEL Nikosia) in Frage. Auch die Wingbackpositionen sind fest besetzt. Rechts agiert Otar Kakabadze (Cracovia) und links Levan Shengelia (Panetolikos).

Im zentralen Mittelfeld ist Sagnol auch durchaus anpassungsfähig. Als etwas defensiverer Part im Doppel-Sechser-Gespann ist Giorgi Kochorashvili (Levante) gesetzt. Neben ihm setzt Sagnol meist auf Otar Kiteishvili (Sturm Graz), der seine Rolle weitaus offensiver interpretiert und mit Qualität ausfüllt. Als Alternative fungiert der Routinier Nika Kvekveskiri (Lech Poznan), der meist gegen stärkere Gegner zum Einsatz kommt, wenn Sagnol mehr Defensivstärke auf dem Platz benötigt. Auf der 10 ist der ehemalige HSV-Spieler Giorgi Chakvetadze (Watford) gesetzt.

Das gleiche gilt natürlich auch für den Stürmer Khvicha Kvaratskhelia (Napoli). Neben dem Superstar empfehlen sich zwei Spieler: Bude Zizivadze vom Karlsruher SC oder Georges Mikautadze vom FC Metz. In den Qualifikationsspielen hat oft Zizivadze den Vorzug bekommen, kurz vor dem Turnierstart deutet jedoch vieles auf Mikautadze hin.

Spiel mit Ball

Bei Spiel mit dem Ball darf man von den Georgiern leider nicht viel innovatives oder revolutionäres erwarten. Es ist generell sehr simpel gehalten. Strukturell baut man aus einer engen 3er Kette auf. Die Wingbacks sind auch tief, aber dennoch leicht höhenversetzt auf der Schiene zu finden. Im Zentrum vor der 3er IV-Linie stehen beide 8er auf einer horizontalen Linie mit geringem Abstand. Chakvetadze roamt im linken Halbraum und der rechte Stürmer (das Pendant zu Kvaratskhelia) lässt sich situativ in den rechten abfallen. Kvaratskhelia hat gefühlt alle Freiheiten bei Spiel mit Ball.

Das Ziel im georgischen Ballbesitzspiel ist simpel. Man möchte auch aus statischen Ballbesitzphasen in Szenen kommen in denen man am stärksten agiert: Umschaltspiel.

Dies kann einerseits gelingen über einen freien Spieler im Zwischenraum, den man meistens findet, wenn der Gegner die Georgier hoch anläuft. Die Dynamik entsteht dann in einem simplen Aufdrehen des gefundenen Spielers und dem linearen Attackieren von Räumen der anderen Spieler im letzten Drittel.

Sitzt der Gegner allerdings in einem etwas tieferen Mittelfeldblock sind diese Räume für die Georgier praktisch tot. Das Ziel ist hier dynamisch auf der Schiene aufzudrehen. In ihrem Aufbaukonstrukt sucht man meistens aus der 8er Position hinaus den langen diagonalen Ballen auf die ballferne Schiene, die allerdings bevor der Pass gespielt wird noch unbesetzt ist. Die Flügelverteidiger starten erst aus der Tiefe hinaus in diese Zonen und versuchen dann aufzudrehen. Möglich gemacht werden diese Bälle auch von der “Aura” von Kvaratskhelia, der durchaus mal mehrere Gegenspieler in letzter Linie binden kann, sodass der gegnerische Außenverteidiger nicht direkt springt und das Spiel der Georgier unter Druck setzt.

Kommt man nicht in diese Situation ist die Alternative ein simples lineares Spiel in der Breite. Über das Zentrum kommt gegen tiefer stehende Gegner wenig bis gar nichts. Die Georgier sind hier selten gut gestaffelt und haben schlichtweg kein Personal in höheren Zonen um dem Gegner ernsthaft gefährlich zu werden.

Die größte Stärke der Georgier ist allerdings das Umschalten. Kann man entweder hohe oder halbhohe Ballgewinne erzielen, so wird sofort die Tiefe hinter der gegnerischen Kette attackiert. Wird diese gut verteidigt, ist Option B wieder mal die ballferne Schiene. In Umschaltmomenten macht nämlich meistens nur der ballferne Außenverteidiger diese Wege mit. Durch die Wege der Zentrumspieler hat er allerdings oft viele Räume für genau diesen Weg.

Spiel gegen den Ball

Das Spiel gegen den Ball ist bei den Georgiern ein Abwarten aus einem tiefen Block heraus. Strukturell sitzt man in einem 532 vor der eigenen Box. Der Fokus liegt hier vor allem auf ein dichtes Zentrum, denn die Schienenspieler stehen eher eingerückt am Straufraumeck und auch die zentralen Mittelfeldspieler legen primär den Fokus auf einen geringen horizontalen Abstand zueinander und vertikalen Abstand zur Kette.

Gibt es doch einmal Raum für den Gegner zwischen den Linien wird hier konsequent aus der Kette nach vorne verteidigt.

Das Kollektiv der Georgier wirkt in den meisten Teilen eines Spiels sehr kontrolliert und gefestigt. Gerade Mannschaften mit wenig individueller Klasse können an diesem Low-Block durchaus verzweifeln, allerdings reichen einfache Mittel um diesen Block aufzubrechen. Es funktioniert dafür, dass man die georgischen Defensivspieler vor individuelle Entscheidungen stellt und dort merkt man dann doch die eher geringe Qualität der Defensivspieler.

Schafft man es die angebotene Breite für sich zu nutzen, so stellt man die georgischen Flügelverteidiger vor Entscheidungen. Attackieren oder Absichern. Das gleiche gilt für den ballnahen Innenverteidiger, der gegebenenfalls durchhieben oder durchsickern muss. Diese Prozesse im Defensivverbund laufen speziell auf den Außenpositionen nicht immer ideal.

Entscheidet der Flügelverteidiger sich für das Attackieren, so gibt es meist in seinem Rücken Räume zwischen der Kette und in der Tiefe, die der Gegner bespielen kann, da das Durchsichern aus der Kette heraus nicht immer gut funktioniert. Diese Lücken im Defensivverbund gilt es nun auszunutzen und zu bespielen.

Variante 2 ist ein fixes horizontales Verschieben mit Ball. Die Georgier versuchen in etwas statischen Situationen die Räume auf der Schiene oder im Halbraum meist mit viel Personal zu überladen um hier Ballgewinne zu erzielen.

Kann sich der Gegner allerdings lösen und verschieben wird es chaotisch im 5-3-2. Das Übergeben der Gegenspieler ist erneut nicht immer ideal und bietet oft direkt nach der Verlagerung durchaus Lücken für den Gegner.

Schafft es der Gegner allerdings nicht die Georgier in Defensiventscheidungen zu zwingen, so wirkt der Defensivblock durchaus massiv und kann mit zunehmender Spielzeit absolut frustrieren, vor allem da dahinter mit Mamardashvili ein noch sehr guter Shotstopper im Tor der Georgier steht.

Prognose

Es brauch viel Fantasie und Spielglück, dass die Georgier über die Gruppenphase hinaus kommen sollten bei dieser Endrunde. Es ist aber alles andere als unmöglich. Ihr Spiel ist zwar eindimensional, allerdings dafür effektiv. Mit X-Faktor Kvaratskhelia hat man zumindest in 2 von 3 Spielen wahrscheinlich den besten Fußballer, der auf dem Platz ist, auf seinen Seiten. Sie erinnern vielleicht in manchen Zügen an Wales 2016, aber sie sind viel defensivschwächer und leben offensiv nur von Umschaltmomenten.

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Portugal

Nach dem WM Aus gegen Marokko war es das Ende einer Ära in Portugal. Die Ära Santos endete. Seit Januar 2023 hat nun Roberto Martinez das Zepter in der Hand. Der Europameister von 2016 geht als einer der Favoriten in das Turnier in Deutschland. 30 aus 30 Punkten, nur 2 Gegentore. Eine beeindruckende Qualifikationsbilanz. Kritiker sagen, dass es bei dieser “leichten” Qualifikationsgruppe auch der Anspruch Portugals sein sollte mit dieser Art und Weise in der EM-Gruppe zu bestehen. Kann man nach dieser tadellosen Qualifikation also noch mehr von Portugal erwarten oder sind sie wirklich nur Produkt ihrer Qualifikationsgruppe?

Kader & Formation

Martinez eindeutig eine Formation zuordnen zu wollen wird wahrscheinlich sehr schwierig, denn das portugiesische Spiel ist geprägt von brutaler Variabilität und Zugeschnitten auf den jeweiligen Gegner. Am ehesten kann man wohl sagen, dass das Spiel Portugals eher aus 4-3-3 ähnlichen Strukturen gespielt wird mit minimalen Anpassungen. Außerdem herrscht eigentlich kein festes Positionsspiel bei Portugal, aber hierzu später mehr.

Im Tor steht der 24 jährige Diogo Costa vom FC Porto, der laut Transfermarkt.de aktuell der teuerste Torwart der Welt ist. In der Innenverteidigung erwarte ich Ruben Dias (Manchester City) gepaart mit einem der Youngstars Antonio Silva (Benfica Lissabon) oder Gonçalo Inacio (Sporting Lissabon). Letzterer hat zumindest in der Qualifikation vermehrt den Vorzug bekommen. Eine weitere Alternative wäre Altmeister Pepe (FC Porto). Auf den Außenverteidigerpositionen hat Martinez die Qual der Wahl. Joao Cancelo (FC Barcelona) sollte aber aufgrund seiner hohen Spielintelligenz (die super ins portugiesische Spiel passt) auf jeden Fall starten. Als Alternative auf der linken Seite stünde Nuno Mendes (Paris St.Germain) bereit. Rechts erwarte Diogo Dalot (Manchester United) oder alternativ Nelson Semedo (Wolverhampton Wanderers).

Die 6er Position ist auch alles andere als in Stein gemeißelt. Da Martinez sie allerdings immer wieder an den Gegner anpasst, ist hier auch kein Stammpersonal zu erwarten. Gegen stärkere Gegner ist wohl Palhinha (Fulham) die erste Wahl, allerdings wäre ich nicht überrascht wenn Ruben Neves (Al-Hilal) gerade gegen ein tiefes Georgien hier den Vorzug bekommt. Auf einer 8er Positionen wird es wohl sicher Bruno Fernandes (Manchester United). Die andere wird bekleidet von Otavio (Al-Nassr) oder Vitinha (Paris St.Germain).

Im Sturm wird Martinez wohl weiterhin auf den Top-Torschützen und Weltstar Cristiano Ronaldo setzen, erste Alternative ist Gonçalo Ramos (FC Porto). Die wohl höchste Qualität hat Portugal aber auf den Außen- oder Halbraumpositionen. Bernardo Silva (Manchester City), Joao Felix (FC Barcelona), Rafael Leao (AC Mailand), Diogo Jota (FC Liverpool) oder Petra Neto (Wolverhampton Wanderers) haben allesamt Startelfpotential. Hier wird Martinez wohl auch sehr gegnerorientiert aufstellen. Allerdings sollten Felix und Silva wohl die besten Karten haben für die Art und Weise des Martinez-Balls. Leao ist die erste Option auf dem Flügel.

Spiel mit dem Ball

Das portugiesische Spiel definiert sich im Spiel mit Ball vor allem über ein Element: Wechselbewegungen. Das Spiel im zweiten und vor allem letzten Drittel besteht praktisch nur aus diesen kohärenten Bewegungen der portugiesischen Spieler. Zudem profitiert man natürlich auch von der enormen individuellen Klasse von Bruno Fernandes und Co.

Strukturell gibt es dann je nach Gegner, Personal oder Idee die Unterschiede im portugiesischen Spiel. Was allerdings gleich bleibt sind die Prinzipien zwischen 6er und Innenverteidiger. Der 6er fällt in diesem Konstrukt oft zwischen beide Innenverteidiger, die in der Folge dessen etwas breiter auffächern. Die Unterschiede werden dann in zweiter und dritter Linie deutlich. Spielt zum Beispiel ein Leao statt Joao Felix, dann agiert dieser als Breitengeber. Dies bedeutet für Cancelo, dass er ohne die Breite im Spiel aufzugeben invers in die Zentrale stoßen kann. Diese Wechselbewegungen gehen soweit, dass Leao teils bis LAV-Position zurückkippt. Diese Bewegungen sind so gut aufeinander abgestimmt, dass Portugal fast immer ein Dreieck in diesen Situationen bilden und einfache Mannorientierungen in kürzester Zeit brutal bestrafen kann.

Noch besser klappen diese Bewegungen aber mit Felix und Bernardo Silva auf dem Feld und einem Bruno Fernandes in Ballnähe.

Das Spiel Portugals ist durchaus geduldig und überlegt. Aus der letzten Linie kippen gerade die Halbraumspieler durchaus mal in tiefere Zonen ab und überladen das Zentrum um Pressingsituationen des Gegners oder Statiken aufzulösen. Was man aber noch mehr will als die Kontrolle in erster Linie, ist das Reagieren des Gegners auf das Abkippverhalten der Halbraumspieler. Im Idealfall ziehen Felix, Fernandes oder Silva ihre Spieler aus der Kette und öffnen Räume dahinter.

Gegner mit extremen Mannorientierungen stehen hier situativ vor großen Zuordnungsproblemen. Reagiert nun der Gegner mit Vorwärtsverteidigen ist es das Signal für Portugal das letzte Drittel zu attackieren. Dies passiert bei einem Fallen von Silva von Läufen von Dalot, Fernandes und auch Cristiano Ronaldo. Portugal schafft es mit einer hohen Konstanz immer wieder in diese Szenen.

Die Prinzipien bleiben aber auch im letzten Drittel die selben. Hier ist es aber meist Cristiano Ronaldo, der Situationen oft durch ein Abkippen im Halbraum versucht aufzulösen. Wird dieser nach vorne verteidigt, geben sich auch hier wieder Lücken die Portugal sofort versucht für sich zu Nutzen. Speziell Bernardo Silva und Bruno Fernandes haben ein starkes Gefühl für Timing in diesen Situationen. Dass sie beide auch noch die technischen Qualität mitbringen diese Situationen zu bestrafen macht Portugal noch gefährlicher. Auch diese Szenen kriegen die Portugiesen oft gut aufgelöst und schaffen es hinter die gegnerische Kette.

Was die Portugiesen ebenfalls so gefährlich macht ist schlichtweg die hohe individuelle Klasse. Schafft man es keinen Druck auf die vielen Spielmacher auszuüben, wird es oft verheerend für den Gegner. Ein Spiel gegen diese portugiesische Offensive wird ein langer Abend für jede Defensivreihe in diesem Turnier.

Spiel gegen den Ball

2 Gegentore aus 10 Qualifikationsspielen sprechen sicher seine eigene Sprache. Es wird aber noch deutlicher, wenn man bedenkt dass beide diese Treffer aus der Distanz erzielt worden sind und Portugal nur einmal mehr als 0,5xGA auf dem StatSheet stand.

Funktionieren tut dies aus einem mannorientierten hohen Anlaufen. Zusätzlich verändert man das Anlaufverhalten jedes Mal an den Gegner.

Die erste Linie des Gegners wird gespiegelt. Je nach Aufbau schiebt ein Spieler aus den Halbräumen neben Ronaldo in die erste Linie, allerdings ist das Anlaufverhalten des Außenspielers meist diagonal um den Außenverteidiger in den Deckungsschatten zu nehmen und nicht direkt die Seite für den Gegner zu öffnen.

In der Zentrale wartet dann eine Pressingfalle für den Gegner.

Eröffnet der Gegner nun das Spiel zentral, schnappt die Falle zu. Die Portugiesen versuchen nun dem zentralen Drehpunkt alle ballnahen Optionen zu nehmen und setzen ihn zusätzlich durch mehr als einen Spieler unter Druck. Das Resultat: hohe Ballgewinne und schnelles Umschalten.

Möchte man Portugal schlagen, dann ist die Angst vor dieser Art Ballverlusten allerdings Fehl am Platz. Kriegt man diese Pressingmomente aufgelöst, dann eröffnen sich im Rest des Feldes Räume. Portugals Restverteidigung ist zwar immer noch gut, aber trotzdem verwundbar.

Prognose

Die Testspielniederlage gegen Kroatien war vielleicht ein kleiner Dämpfer für die Portugiesen. Überbewertet man dieses Ergebnis, könnte man zu dem Entschluss kommen, dass pressingsresistente Mannschaften mit hoher individueller Klasse vielleicht ein Problem werden könnten. Aber am Ende war es ein Testspiel.

Das Spiel der Portugiesen macht Spaß und ist wahnsinnig vielseitig und von hoher individueller Klasse gespickt. Die Gruppenphase sollten sie problemlos überstehen, da sie für jeden Gegner die Mittel in ihrem Repertoire haben. Spätestens in einem Viertelfinale wird sich jedoch zeigen, wie gefestigt diese Mannschaft wirklich ist. Vieles ist ihnen zuzutrauen, sogar ein weiterer EM-Titel.

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Tschechien

Das tschechische Team gleicht einer Wundertüte. Nach dem Ex-Coach Silhavy nach der erfolgreichen Qualifikation überraschend zurücktrat, übernahm Ivan Hasek das Team rund um Patrick Schick und Co. Es war ein echter Paukenschlag, da Silhavy noch 4 Jahren einen Viertelfinaleinzug mit den Tschechen feierte, wo man im Achtelfinale noch die Holländer aus dem Turnier werfen konnte. Was bleibt also von den alten Erfolgen?

Kader & Formation

Es ist eine große Frage, wie Coach Hasek am Ende des Tages aufstellen wird. Bei bisher nur 4 Pflichtspielen wirkt alles möglich. Gegen Armenien agierten die Tschechen unter Haseks Vorgänger aus einer 3-4-1-2 Grundformation heraus, allerdings brachte Hasek im Spiel gegen Norwegen eine Viererkette. Die Verletzung von Sadilek führt jedoch personell zu mehr Offensive im Spiel. Im letzten Test gegen Nordmazedonien agierte man nur mit einem Sechser, dafür mit zwei Stürmern und zwei Zehnern aus einer Dreierkette heraus.

Im Tor ist es ein Zweikampf zwischen Kovar von Bayer 04 Leverkusen und Stanek (Slavia Prag). Stanek hatte unter dem ehemaligen Trainer oft den Vorzug und wird wohl auch bei diesem Turnier das Tor der Tschechen hüten.

Die Innenverteidigung wird voraussichtlich gebildet aus Robin Hranac (Viktoria Pilsen), Tomas Holes (Slavia Prag) und Ladislav Krejci (Sparta Prag). Top-Talent Vitik (Sparta Prag) fehlt wohl die benötigte Spielpraxis für die Startelf. Weitere Optionen wären David Zima oder Tomas Vlcek (beide Slavia Prag).

Auf den Wingback-Positionen wird das Bild etwas klarer. Favorit für die Startelf sollte auf der rechten Seite Doudera (Slavia Prag) sein, der allerdings auf beiden Abwehrseiten spielen kann. Die Alternative auf der rechten Seite wäre Coufal (West Ham). Auf der linken Seite könnten wir eines von vielen bekannten Gesichtern aus der Bundesliga sehen, David Jurasek (TSG Hoffenheim). Erste Alternative wäre wohl der Seitenwechsel von Doudera.

Im Zentrum ist Soucek (West Ham) gesetzt. Sein eigentlicher Partner Michal Sadilek (Trennte) fällt aus. Auf der Doppel-Zehn deuten viele Signale auf Adam Hlozek (Bayer Leverkusen) und Lukas Provod (Slavia Prag) hin. Das Stürmerduo wird gebildet aus Patrick Schick (Bayer Leverkusen) und Jan Kuchta (Sparta Prag).

Spiel mit Ball

Der Gewaltfußball den man unter ex-Coach Silhavy spielte, wird wohl auch unter Hasek weiterhin Teil des tschechischen Fußballs sein. Wie auch beim georgischen Team ist dies auch nicht die Kernkompetenz der Tschechen und ein progressives Spiel aus der ersten Linie heraus ist auch absolut nicht gewollt.

Strukturell baut man dennoch in einer Art 3-2-1 auf, allerdings ohne hier groß hinten heraus zu spielen. Dementsprechend hält man es sehr einfach und setzt auf die simpelsten Methoden im Ballbesitzspiel.

Eine Variante ist der lange Ball auf Zielspieler Patrick Schick. Dieser kann entweder auf den direkt startenden Kuchta verlängern oder den Ball festmachen, um dann über Provod und Hlozek abzulegen.

Die Tschechen suchen nach der Ablage dann den einfachen Weg in die Tiefe. Die tschechischen Wingbacks sind hier komplett isoliert, da Schick und Kuchta die Box attackieren und auch die Achter im Nachrücken einen starken Zentrumsfokus zeigen. Das Gleiche gilt auch für Soucek, der im tschechischen Drittel noch von größerer Bedeutung sein wird.

Mal in der Breite angekommen, zeigt sich der hohe Flankenfokus der Tschechen. Hier schlägt man gefühlt aus allen Lagen einen Ball in den Strafraum, wo die Stürmer warten und auch die 8er als Anspielstation lauern. Die Tschechen legen hier keinen Fokus auf Tiefe und Nutzen meist schon die erste Möglichkeit eine Flanke in die Box zu bringen.

Die Box wird von den Tschechen brutal überladen. Teilweise stoßen sogar die tiefen Innenverteidiger noch mit hinein, wenn die Zeit, das Timing und die Situation es zulassen. Soucek ist in diesen Situationen fast eine Art Schlüsselspieler. Seine ständigen Läufe in die Box zwingen den Gegner oft zu einer Reaktion, die gelegentlich zu Zuordnungsproblemen in der Box führen kann.

Die anderen Optionen im Ballbesitz zielen ebenfalls auf ein Spiel in der Breite ab. Sei es ein einfaches Passspiel entlang der Schiene oder auch diagonale Verlagerungen, der ballferne Spieler in der Schiene sollte genügend Raum zur Verfügung haben.

Die eigentlichen Stärken der Tschechen liegen im Konterspiel. Wenn sie einen hohen Ballgewinn erzielen können (oder einen, bei dem wenig Restverteidigung vorhanden ist), schaffen es die Tschechen schnell, viele Spieler um den Ball herum zu versammeln. Sie sind oft gut darin, sich in diesen Situationen schnell umzuschalten und in die Tiefe zu kombinieren. Bei einem starken Fokus des Gegners auf das Zentrum fehlt ihnen jedoch oft eine direkte Option in die Tiefe, die Spieler wie Schick und Kuchta nicht anbieten.

Spiel gegen den Ball

Defensiv variieren die Tschechen von hohem Anlaufen bis zu Barrikadieren in einem Block vor der Box. Beides allerdings mit Schwächen.

Läuft man hoch an passiert das aus der 3-4-2-1 Struktur heraus mit hohem Mannfokus. Die Stürmer spiegeln die Innenverteidiger, der 10er ist an der gegnerischen 6 dran.

Je nach Situation füllen die beiden zentralen Mittelfeldspieler ballnah Unterzahlen auf und kippen weit aus der Struktur heraus. Das Gleiche kann situativ auch für die Wingbacks gelten, obwohl ihr Spiel gegen den Ball etwas konservativer ist. Je nach gegnerischer Formation lassen sie sich jedoch weit herausziehen.

So entstehen innerhalb kürzester Zeit Mannorientierungen im gesamten tschechischen Defensivspiel, oft mit zu großen Abständen, insbesondere für die Außenverteidiger. Dies gibt dem Gegner oft die nötige Zeit, sich aus dem situativen hohen Pressing der Tschechen zu befreien.

Kann der Gegner progressiv nach vorne spielen, dann verbarrikadiert man sich auch gerne mal vor dem eigenen Strafraum. Teilweise steht in sehr enger vertikaler Staffelung ein 5-3er Block vor der Abwehr.

Allerdings ist dieser auch alles andere als sattelfest. Die Norweger öffneten im Testspiel gegen die Tschechen mit simplen Einlaufmethoden der Flügel die komplette Breite des Spielfeldes. Die fehlende Defensivpräsenz eines Sadileks wird den Tschechen hier zusätzlich fehlen, sei es im taktischen Verhalten oder auch nur durch etwas mehr Zweikampfstärke.

Prognose

Tschechien reist mit einem Trainer zu dieser Europameisterschaft, der alles andere als gute Referenzen hat. Ich habe also berechtigte Zweifel, dass er das Spiel von Šilhavý nachhaltig weiterentwickeln kann. Das Spiel mit Ball ist ebenfalls eindimensional und nicht zwingend erfolgreich. Gute Defensivreihen verteidigen den Flankenwahnsinn 90 Minuten mühelos weg. Auch werden gute Nationen das Pressing überspielen können und den tiefen Block überwinden. Die vier Siege aus vier Spielen unter Hašek sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass vieles bei den Tschechen nicht stimmt. Beim Sieg gegen Norwegen war viel Glück dabei. Armenien, Malta und auch Nordmazedonien sollten nicht unbedingt der Maßstab sein, an dem man einen Ex-Viertelfinalisten messen sollte. Die Tschechen bleiben eine absolute Wundertüte. Vor allem auf der Defensivseite weiß man eigentlich nicht, was man erwarten kann. Das Spiel gegen Portugal wird sicherlich viele Fragen klären können.

Ein Achtelfinaleinzug wäre ein riesiger Erfolg, wenn man die Umstände berücksichtigt, aber es wäre nichts, womit ich unbedingt rechnen würde. Das Spiel gegen Georgien wird wohl entscheidend sein. Es ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass man sogar als Gruppenletzter sang- und klanglos aus diesem Turnier ausscheidet.

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