Allgemein
Elfadli wurde unter Christian Titz als Hybrid zwischen Innenverteidigung und zentralen Mittelfeld eingesetzt. Defensiv häufig zwischen zwei nominell „klaren“ Innenverteidigern oder auf der Doppel-6, im Spielaufbau leicht versetzt höher als seine Innenverteidiger-Kollegen, sodass er im Aufbau die 6 sowohl alleine oder auch mit Nebenmann besetzte.
Elfadli wird in einem sehr ballbesitzlastigem System als Verbindungsstück zwischen eigener Abwehr und den offensiven Reihen genutzt. Er agiert dabei nicht als zurückgezogener Spielmacher sondern als solide Anspielstation, die mit wenigen Kontakten den Spielaufbau lenken kann.
Wir haben Daniel schon länger auf dem Radar und sind sehr froh, dass es nun mit dem Transfer geklappt hat, denn mit seiner Verpflichtung erhöhen wir die Qualität unseres Kaders im defensiven Mittelfeld. Daniel verfügt über ein gutes Tempo, Zweikampfstärke sowie taktisches Verständnis und erweitert durch seine Vielseitigkeit die Flexibilität in unserer Defensive.
HSV-Sportdirektor Claus Costa über Daniel Elfadli | HSV verpflichtet Elfadli | HSV.de
Seine Positionierung und Rolle ist dabei klar: Der Mannschaft Stabilität verleihen. Er spielt als klarer Defensivspezialist, der nicht die Aufgabe hat große Impulse in der gegnerischen Hälfte zu setzen. Dies zeigt sich auch in seinen Heatmaps der zwei abgelaufenen Saisons:
Kurz nach der Mittellinie ist Schluss für Elfadli. Nicht, weil er technisch einen negativen Einfluss auf das Offensivspiel hätte sondern weil seine defensiven Fähigkeiten so groß sind, dass sie als Absicherung gebraucht werden.
Analyse
Auf knapp 46 Zweitligaspiele kommt Daniel Elfadli seit seinem Wechsel nach Magdeburg. Drei davon habe ich mir genauer angeschaut.
Beobachtete Spiele
- HSV – 1. FC Magdeburg: 2:3 (23.10.2022, 90 Minuten)
- 1. FC Magdeburg – HSV: 3:2 (29.04.2023, 90 Minuten)
- HSV – 1. FC Magdeburg: 2:0 (04.11.2023, 78 Minuten)
Stärken
Aggressiv gegen Ball und Gegner
Elfadlis große Stärke liegt in seinem Zweikampfverhalten. Egal gegen welchen Gegner er sich behaupten muss, er tut es. Mit seinen 1,88m bringt er eine Statur mit, die es ihm ermöglicht lange stabil auch gegen hochgewachsene Stürmer im Zweikampf zu bleiben. Er lässt sich selten durch seine Gegenspieler „overpowern“ und hat selbst die Kraft seinen Gegner physisch zu dominieren.
Hier gelingt es ihm Robert Glatzel direkt bei der Ballannahme zu stören und gleichzeitig so viel Druck aufzubauen, dass er Glatzel letztendlich mit einer Grätsche den Ball abnehmen kann. Elfadli gelingt es sowohl durch Kraft als auch Antritt seinen Gegenspieler aus dem Tritt zu bringen und so den Ball zu gewinnen.
Auch hier: Direkt wird bei der Ballannahme Druck aufgebaut und auch wenn Elfadli zwischendurch auf den Boden geht für eine Grätsche oder eine Ausholbewegung, so gelingt es ihm direkt wieder in seine Position zu kommen und den Ball zu behaupten.
Königsdörffer versucht Elfadli nach hinten zu schieben und sich so an ihm vorbeizudrehen was Letzterer aber überhaupt nicht zulässt. Im Gegenteil: Er bleibt stabil auf den Füßen, geht die Bewegungen mit, kann Königsdörffer sogar eher nach vorne schieben und bekommt dann im richtigen Moment den Fuß an den Ball. Keine Chance an ihm vorbeizukommen im direkten Zweikampf.
Hartnäckigkeit
Leicht gibt sich der HSV-Neuzugang nicht geschlagen. Ist der Ball nicht gewonnen oder geklärt wird weiterhin versucht ihn für das eigene Team zu gewinnen.
Hier die wahrscheinlich plakativste Szene, die ich in den drei Spielen gesehen habe. Elfadli erkennt schnell, dass der Ball auf Reis kommt und kann schon bei der Ballannahme den Ball wegspitzeln. Statt sich wieder auf seine tiefere Position zurückfallen zu lassen geht Elfadli Reis den kompletten Weg hinterher und schafft es sogar noch ein 2. Mal ihm den Ball zumindest von den Füßen zu nehmen.
Genau dort liegt die Stärke von DE. Als defensiver Stabilisator den Gegner so lange unter Druck setzen bis der Rückpass gespielt werden muss oder Elfadli selbst den Ball erobern kann.
Schuss und Pass blocken
Elfadli hat ein sehr gutes Gespür dafür wann er zum Blockversuch ansetzen muss. Häufig sieht man Spieler, die zu früh runtergehen und dann umdribbelt werden oder die nur sehr halbherzig den Fuß heben damit man später sagen kann man hätte es ja versucht. Daniel Elfadli kriegt es sehr häufig hin im richtigen Moment da zu sein.
Innerhalb seiner Positionierung als zentraler Innenverteidiger hat Elfadli direkten Blick auf Kittel, der den Ball erhält und direkt nach der Ballannahme zum Schuss ansetzt. Elfadli hat das richtige Timing und kann den Schuss blocken.
Hier wird der Ball lang auf den zweiten Pfosten geschlagen, Glatzel benötigt eine Zehntelsekunde zu lang was Elfadli die Möglichkeit gibt noch dazwischenzukommen mit einer perfekt getimten Grätsche.
Der Ball wird in die Mitte gespielt, Elfadli kann die Bewegungen des Stürmers spiegeln und bleibt aktiv im Verteidigen. Auch hier geht er nicht zu früh runter oder zu aggressiv auf den Block sondern wartet auf den richtigen Moment und lässt den Ball so nicht durchkommen.
Starke Antizipation
Nicht nur im direkten Zweikampf sondern auch beim Abfangen von Pässen hat Elfadli seine Stärken. Hier sieht man immer wieder, dass sein durchaus starker Antritt aber vor allem seine schnelle Auffassungsgabe und sein Erkennen von Spielsituationen ihm dabei helfen frühzeitig die Angriffe der Gegner zu unterbinden.
Hier erkennt er frühzeitig wo der Ball von Glatzel hingehen soll. Elfadli kann ihn abfangen und unter Kontrolle bringen.
Suhonen kommt von links in die Mitte eingelaufen, Elfadli erkennt das und nimmt ihn direkt auf. Als der Pass auf Suhonen kommt kann Elfadli den Ball direkt wieder in Richtung des HSV-Tores klären.
Zuverlässiger Aufbauspieler
Er wird wahrscheinlich nicht als großer Spielmacher auf der 6 des HSV glänzen aber trotzdem ist Elfadli ein grundsolider Aufbauspieler. Häufig sieht man von ihm wie er den Ball mit 1-2 Kontakten zu seinen Mitspielern weiterleitet. Selten wird man von ihm die linienbrechenden Pässe oder wahnsinnig aufregende Highlight-Pässe sehen aber genauso selten wird man große Ausfälle von ihm befürchten müssen.
Immer auf der Suche nach dem freien Raum erhält Elfadli ihn hier, verarbeitet ihn mit dem linken Fuß und spielt ihn im zweiten Kontakt weiter vertikal. Genau solche Szenen sind es, die sein Passspiel beschreiben: Solide, zuverlässig. Der Hamburger Neuzugang fällt im eigenen Spielaufbau eher mal mit einem progressiven Lauf als Pass auf, etwas was sich möglicherweise gut mit Jonas Meffert ergänzen könnte, der eher mit dem Pass auffällig wird.
Ich kenne den HSV natürlich, seit ich als kleiner Junge mit dem Fußball angefangen habe und freue mich, jetzt ein Teil dieses Clubs zu sein. Ich hätte es mir letztes Jahr schon gewünscht, doch wir haben den Kontakt nie abreißen lassen und umso glücklicher bin ich, jetzt hier beim HSV zu sein und gleich loslegen zu können.
Daniel Elfadli über seinen Wechsel zum HSV | HSV verpflichtet Elfadli | HSV.de
Luft nach oben
Natürlich wäre es optimal, wenn dieser Teil leer bliebe aber leider hat auch Elfadli noch einzelne Aspekte seines Spiels, die verbessert werden können.
Zu offensives Verteidigen
Was ihn auf der einen Seite auszeichnet kann in manchen Momenten auch zu leichten Fehlern führen. Durch Elfadlis sehr aktive Spielweise gegen den Ball passieren hier und da leichte Fehler, die mit abwartendem Verhalten nicht passiert wären.
Es ist eigentlich unnötig, dass DE hier auf den direkten Ballgewinn geht. Er steht gut, um Königsdörffer zunächst zu stellen und ihn in den Zweikampf zu bekommen. Elfadli entscheidet sich aber für das aggressive Herausrücken und wird dann relativ leicht überspielt.
Solche Tendenzen gehören zu seinem Spielstil dazu. Es wird Aufgabe des Trainerteams sein ihm klare Prinzipien mitzugeben wie stark er auf den Ballgewinn gehen oder andersherum wie abwartend er in solchen Situationen agieren soll.
Öffnet zu leicht Räume hinter ihm
Ein weiteres Problem, das mit der Spielweise Elfadlis verbunden ist: Durch seine proaktive Art immer auf den Ballgewinn zu gehen öffnet er leicht Räume hinter sich. Damit zieht er die Struktur seiner Defensivlinie relativ schnell auseinander. Können das seine Mannschaftskollegen absichern ist das kein größerer Kritikpunkt. Sind sie es allerdings nicht und die Abstimmung ist noch nicht perfekt kann das zu leichten Gegenstößen des Gegners führen.
Oben eine Situation in der Elfadli auf Glatzel schiebt, dieser mit einem Kontakt auf Kittel weiterleitet und Kittel wieder auf Glatzel spielt. Elfadli ist damit sehr leicht aus dem Spiel genommen obwohl dieser mit einer etwas verringerten Geschwindigkeit den Passweg hätte zustellen können, wenn er schon nicht in den direkten Zweikampf kommt.
Unnötige Fouls
Im Vergleich zu allen Zweitligaverteidigern befindet sich Daniel Elfadli im unteren Viertel was die Anzahl an begangenen Fouls betrifft. Im Vergleich zu Mittelfeldspielern sind es die „unteren 40%“. Auch dies ist eine Auswirkung seines Spielstils. Elfadli ist dabei nicht grob unfair oder überhart aber ihm fehlt ab und an das Gefühl wann er Tempo aus seinen Defensivaktionen nehmen sollte und wird dann zu leicht überspielt was zu unnötigen Fouls in der eigenen Hälfte führen kann.
5 gelbe Karten in 2022/2023 sowie 2 in 2023/2024 zeigen aber auch, dass er damit nicht in große persönliche Schwierigkeiten kommt. Es kann aber zu gefährlichen Situationen um den Strafraum herum führen.
Progressives Passspiel
Wie oben bereits erwähnt ist Elfadli kein Spieler, der das Ballbesitz-Spiel mit raumgewinnenden Pässen ankurbelt. Weder die Anzahl an progressiven Pässen (untere 25%) noch seine progressive Passdistanz (untere 14%) sind im Ligavergleich etwas wofür er sich rühmen könnte. Eher im Gegenteil.
Fazit
Mit Daniel Elfadli hat der HSV einen Spieler verpflichtet den es so im Kader noch nicht gab. Das Profil „defensivstark und aggressiv gegen Ball und Gegner“ wird nicht nur der Defensive sondern dem Gesamtgefüge der Mannschaft gut tun.
Spannend wird zu sehen sein in welcher Konstellation Elfadli eingeplant wird. Weiterhin als Hybrid zwischen Innenverteidigung und 6? Als klarer 6er neben Meffert, neben Reis?
Fest steht für mich: Mit seinen Fähigkeiten gehört Elfadli in die Startelf, da er seit langem mal wieder ein Mittelfeldspieler ist, der zuverlässig und stark in der Balleroberung ist. Etwas was dem Mittelfeld der Hamburger eigentlich bereits seit Jahren abgeht. Die Zusammenstellung und die passenden Rollenprofile muss das Trainerteam übernehmen.
Aber insgesamt kann man mit dem Transfer des 27-Jährigen als HSV-Fan durchaus zufrieden sein. Er bringt neue Fähigkeiten ins Team, er kennt die Liga, er hat bewiesen, dass er auf hohem Niveau spielen kann. Genau das was man sich von Neuzugängen wünscht.