Stressfrei, Runde 2 #SVMHSV Analyse

Der HSV in der ersten Pokalrunde war in den letzten Jahren nicht unbedingt ein Sinnbild für einen stressfreien Fußballnachmittag, an dem man am Ende des Tages im Schongang weiterkommt. Die Ergebnisse 4:3 nach Verlängerung in Essen, 3:1 nach Verlängerung in Bayreuth, 2:1 in Braunschweig und die 1:4-Klatsche in Dresden belegen diese Wahrnehmung eindeutig.

Mit dem SV Meppen wartete diesmal nur ein Regionalligist auf Trainer Steffen Baumgart. Ein Regionalligist, der noch in der Vorwoche den Trainer wechselte, nachdem man aus vier Pflichtspielen nur zwei Remis holen konnte.

Der HSV musste verletzungsbedingt umstellen. Jean-Luc Dompé fiel verletzt aus, ebenso Denis Hadžikadunić und Daniel Elfadli. Ersetzt wurden sie durch Fabio Baldé, Immanuel Pherai und Neuzugang Silvan Hefti, der den Vorzug vor Gui Ramos erhielt.

Hier nun ein kleiner Disclaimer: Ich persönlich würde die erste Pokalrunde aus positiver und negativer Sicht nicht überbewerten. Die erste Runde des DFB-Pokals ist in vielen ihrer Facetten bis heute nicht immer rational erklärbar. Es sind Spiele, die ein unglaubliches Eigenleben entwickeln können und die wir danach als kleines Fußballwunder abstempeln. Aber kommen wir zurück zum Inhalt.

Dieses Eigenleben des Pokals hätte der HSV fast (mal wieder) am eigenen Leibe erfahren. Sekunde 13: Fehlpass von Schonlau, verlorener Zweikampf von Muheim, der HSV bekommt keine Kontrolle über das Chaos, Handspiel von Karabec. Es dauerte insgesamt nicht einmal 30 Sekunden, bis Meppen zeigte, dass sie heute auch mitspielen wollten.

Dennoch war klar, dass der HSV heute mit Ball etwas mehr vom Spiel haben würde als in den Partien gegen Köln und Hertha. Das änderte jedoch nichts an der Grundstruktur, die der HSV mit Ball auf den Platz brachte. Ein 3-Box-3 war erneut das Mittel der Wahl gegen den Meppener Block. Der SV Meppen agierte dagegen in einem 4-2-3-1-System, wahrscheinlich mit dem Ziel, das Spiel des HSV durch das Zentrum zum Erliegen zu bringen. Das zeigte sich auch an der Doppelsechs, die versuchte, die Doppelzehn des HSV aus dem Spiel zu nehmen.

Der SV Meppen verteidigte gegen den HSV in einem abwartenden Mittelfeldblock. Die ersten Defensivlinien agierten im Anlaufen sehr bedacht und vorsichtig. Den Vorteil der Überzahl im Zentrum wollte man nicht zu leicht aufgeben, dennoch unterliefen ihnen gelegentlich kleine Fehler im Anlaufen.

Der HSV war geduldig mit Ball. Man wollte früh im Spiel wenig forcieren, und der HSV hatte eine immense Kontrolle. Das lag neben der vorsichtigen Spielanlage der Meppener auch an der breiten Struktur der Innenverteidiger in ihrer Dreier-Aufbaulinie. Die Abstände waren oft gut, sodass die Wege für Wensing und Prasse nicht ideal für ein hohes Anlaufen waren.

Schaffte es der HSV, den Meppener Block etwas zu locken (insbesondere Wensing und Prasse), dann öffneten sich Lücken in diesem Verbund. In einem solchen Beispiel lockt Muheim Wensing aus der Deckung und spielt einen horizontalen Ball auf Hefti, wodurch Prasse aus seiner Deckung neben Reis gelockt wird. Ein leichter Diagonalball auf den freien Reis reicht aus, sodass er den nötigen Raum hat, um sich aufzudrehen.

In der Folge ergaben sich Szenen, aus denen der HSV kontinuierlich zu wenig machte. Reis kann nach ein paar Metern den Ball auf Jatta verlagern. Jatta steht durch Karabecs permanentes Binden im Halbraum/Zentrum oft und immer wieder im 1-gegen-1 gegen den Meppener Rechtsverteidiger. Dennoch springen für den HSV maximal zweite Bälle nach Flanken oder Standardsituationen heraus.

Den Dosenöffner leitete ursprünglich Jonas Meffert ein, der übrigens in jeder Phase des Spiels seine Klasse zeigte. Im Angebot von Hull fehlt sicherlich eine Null, wenn man ernsthaftes Interesse an einem Transfer hat und nicht nur die Zeit von Claus Costa und Co. verschwenden möchte.

Meffert erhält nach einer der vielen Überladungen auf der linken Seite den Ball im Zentrum und sucht sofort die vertikale Anspieloption auf den abkippenden Königsdörffer. Dieser wird von Innenverteidiger und Prasse sofort unter Druck gesetzt und lässt den Ball einfach auf den freien Hefti prallen. Parallel startet Meffert in den Raum neben Königsdörffer.

Hefti spielt dann einen hohen Ball in die Tiefe, der von Jatta und Meffert attackiert wird. Obwohl die Situation zunächst nicht sonderlich gefährlich erscheint, holt der HSV dennoch eine Ecke heraus, die schließlich im 0:1 durch Pherai mündet. Der Dosenöffner, den du gegen einen solchen Gegner brauchst.

Das 0:2 fällt dann vor dem Freistoß erneut aus einer Umschaltsituation, die vielleicht sogar ohne den Freistoß für ein Tor hätte ausreichen können. Der HSV hat nun die Kontrolle, die er braucht. Gelegentlich findet man Räume durch Wechselbewegungen der Zehner, aus denen man wieder in 1-gegen-1-Situationen auf der Außenbahn verschieben kann.

Auch findet der HSV oft auf der linken Seite Raum rund um die Meppener Grundlinie. Dies liegt neben den vielen Überladungen von Pherai und Karabec auch am dynamischen Vorstoßen von Miro Muheim. Hefti auf der rechten Seite agierte hier etwas konservativer.

Gegen den Ball zwang der HSV den SV Meppen oft zu langen Bällen. Dafür agierte der HSV aus einem 5-2-3-System heraus. Der HSV verteidigte dabei schnell Mann gegen Mann über den gesamten Platz. Die erste Defensivlinie des HSV wurde permanent von den ballfernen Schienenspielern (Jatta und Muheim) in der letzten Linie unterstützt. Die Wege für die HSV-Verteidiger waren zwar lang, aber es gelang ihnen fast immer, Druck auf den ballführenden Spieler des SV Meppen auszuüben. Meppen griff daraufhin häufig zu langen Bällen, die der HSV trotz Gleichzahl in der letzten Linie souverän wegverteidigen konnte. Meppener Torchancen waren meist das Produkt von Zufall und etwas Glück.

Alles in allem erledigte der HSV seine Aufgabe in Meppen sehr nüchtern, aber effizient. Die Spielanlage von Baumgart, mit dem 3-2-Aufbau und den gelegentlichen tiefen Schienenspielern, legte hier den Grundstein. Ballverluste wurden durch die starke Restverteidigung nie zu einem ernsthaften Problem.

In der Offensive brauchte es den Dosenöffner gegen diesen Gegner, aber auch dieser war bei der Dominanz und Sicherheit des HSV wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Dennoch wird Meppen sicherlich kein Maßstab sein; am Freitag wartet in Hannover die nächste große Aufgabe. Trotzdem ist es wichtig, dass der HSV mit so vielen positiven Emotionen (sieben Tore, Baldés Tor, Glatzels Comeback etc.) zurück nach Hamburg reisen kann. Es gilt, wie in den letzten Wochen, auf all diesen Dingen aufzubauen und jede Woche besser zu werden.

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