Im Fokus: Wie sich das Debakel in Elversberg gegen den Ball schon früh angedeutet hat #ELVHSV

Bevor ich hier Vergleiche zu unserer Defensivleistung und Lukas Pinckerts Frisur ziehe, erst einmal ein Disclaimer in eigener Sache: Die nächsten Wochen und Monate werden bei mir etwas voller, sodass ich wohl vermehrt zu dem „im Fokus“ Format greifen werde, weil es mir einfach Zeit spart, die ich bald gar nicht mehr habe. Also bitte habt Verständnis, für kürzere Artikel oder sollte gar mal einer komplett fehlen.

Zurück zum Thema: Das war auf beiden Seiten des Balls ein großer Schritt in die falsche Richtung. Alles was den HSV stark gemacht hat über die letzten Wochen, war in Elversberg wie weggeblasen. Das erinnerte fast schon an die Vorsaison.

Auch wenn man auf X, Instagram und Co. durchaus von einem Leistungsabfall in Halbzeit 2 lesen durfte, hat sich das Desaster schon früh angedeutet. Elversberg konnte einfach kein Kapital aus der Lustigkeit der HSV-Defensive schlagen.

Personell gab es beim HSV nur einen Wechsel. Lucas Perrin ersetzte den gesperrten Schonlau und gegen den Ball änderte sich auf dem Platz auch relativ wenig.

Der HSV griff erneut zu einer 5er-Kette gegen den Ball mit einer durchaus ähnlichen Herangehensweise wie gegen Magdeburg. Man wartete ab und setze wieder mal nicht auf ein aggressives Anlaufverhalten, sondern man lies Elversberg in Ruhe aufbauen.

Aber trotzdem war nicht alles wie gegen Magdeburg, da speziell Königsdörffer gegen den Ball eine leicht veränderte Rolle hatte, aber dazu komme ich noch. Elversberg hingegen tat auch so ziemlich das, was man erwarten durfte. Breit-hochschiebende Außenverteidiger, 1.5 tiefe 6er, ein davor schwimmender Asllani und Flügelspieler im Halbraum.

5-4-1 Mid Block gegen den Ball

Baute Elversberg ihr Spiel etwas aus einer zentraleren Position auf, wurde das 5-4-1 im Mid-Block noch etwas deutlicher. Zusätzlich konnte man erneut das diagonale Verhalten von Reis und Richter beobachten. Einer meistens etwas höher, der andere absichernder und tiefer vor der Fünferkette.

Asymmetrische HSV-Zentrale

Aber wie schon angeteasert, war es dann doch keine 1 zu 1 Kopie aus dem Magdeburg Spiel. Speziell beobachten konnte man das an der Rolle von Ransford Königsdörffer. Im hohen Block, war dieser des Öfteren neben Davie Selke in der ersten Linie zu finden. Aber auch etwas tiefer, war seine Rolle verändert zur Vorwoche. Baute Elversberg ihr Spiel über die rechte Seite auf, was oft passierte, dann schob dieser auf den tiefen Elversberger 6er. Das ermöglichte dem HSV, dass einer der beiden zentralen weiterhin tief vor der Abwehr blieb und somit zumindest theoretisch auf der linken Spielhälfte eine Überzahl herstellen konnte. Problematisch nur, dass dies nicht immer funktionierte. Man erwischte Königsdörffer des Öfteren zu hoch in seiner Positionsfindung. Zusätzlich konnte Elversberg den Raum vor Perrin und Katterbach nach schnellen Verlagerungen immer wieder bespielen, da die Wege für Königsdörffer oft zu weit waren. Aber auch Richter und Reis konnten bei Angriffen über die rechte HSV-Seite nicht mehr effektiv in die Situation eingreifen. Gut für den HSV, dass Perrin und Katterbach dies bis auf einen tiefen Durchbruch gut wegverteidigten.

Asymmetrie Reis-Richter, eingerückter Königsdörffer

So viel zur Ausgangslage. Kommen wir zu den Dingen, mit denen sich der HSV in Elversberg wirklich schwer getan hat. Die Probleme starteten mit der horizontalen und vertikalen Kompaktheit der Kette.

Etwas tiefer fand sich der HSV erneut im 5-4-1 wieder und es wird sofort auffällig, dass die Abstände zu den Gegenspielern nicht unbedingt ideal sind. Elversberg schafft es in dieser Situation mit einfachen Mitteln, sich vor die Fünferkette des HSV zu kombinieren. Die Aktion ist in der Folge zwar tot da Asllani die falscheste der drei Optionen wählt, aber trotzdem kann man erkennen, wo die Reise für den HSV in dieser Szene hingeht: Schlechte Abstände zueinander, schlechte Abstände zum Gegner und schlechtes Timing im Antizipieren.

Es geht los auf der rechten Defensivseite, dass Selke und Katterbach Damar schlecht übergeben. Dieser kann ohne viel Druck dann tief den Ball erhalten. Das zwingt Richter nun zum Herausrücken. Währenddessen geht im Rücken von Marco Richter ein recht großer Raum auf, den Damar auch sofort attackiert, nachdem er den Ball in die Zentrale gespielt hat.

Vertikale Löcher im HSV-Verbund

Nach dem Ball von Damar hat Elversberg nicht nur eine diagonale Option, sondern sogar gleich zwei. Reis ist hier zu weit weg, was die Folge hat, dass er keinen Druck ausüben kann und sein Deckungsschatten viel weniger Raum abdeckt als nötig. So öffnet sich neben dem Raum im Rücken von Richter auch der zwischen Baum und Dompé, weil letzterer die Abstände zur Kette nicht sauber einhält.

Asllanis schwimmen vor der Fünferkette des HSVs, bringt auch Meffert in keine ideale Defensivposition. Er ist auch zu weit weg und zu langsam in der Reaktion um direkt an Asllani dran zu sein. Asllani hat in der Folge drei Optionen auf der rechten Seite, er wählt die schlechteste.

Optionen gehen für den SVE im Zentrum des HSV auf

Was Meffert schon angedeutet hat, zeigt sich auch im Rest des HSV Verbundes. Der HSV ist an diesem Samstag einfach etwas zu langsam im Kopf und trifft falsche Entscheidungen.

Mit Selke und Königsdörffer außerhalb der Defensivstruktur stürmt auch Reis aus der Struktur heraus nach vorne. Elversberg kann das problemlos über den breiten Neubauer auflösen. Dieser spielt dann auf den freien Damar, relativ tief in der Hälfte der Hamburger. Reis rückt zwar wieder gut nach, aber er kann an der Situation nichts mehr ändern. Damar spielt den erneut schwimmenden Asllani an und zwingt Perrin zum Springen. Auch er ist einen Ticken zu spät in der Aktion.

HSV erneut unsortiert und schlecht im Timing

Asllani lässt dann mit zwei Kontakten auf den eingerückten Petkov klatschen, der Probleme hat in der Ballverarbeitung. Aber in der Theorie hat Elversberg hier nach einem Diagonal-Ball wieder zwei Tiefenoptionen: den diagonal-startenden Asllani oder den breiten Außenverteidiger. Das Resultat nach den technischen Problemen von Petkov ist dann der nächste diagonale Ball auf Damar. Am Ende steht ein Chaos vor dem 16er und ein Abschluss von Elversberg.

Es ist wirklich erstaunlich, was der HSV in diesem Spiel angeboten hat, wenn man die Konfrontation im Druck gesucht hat.

HSV bietet im Chaos Räume an

Aber auch ohne Druck waren das pünktlich zu Halloween fast schon gruselige Abstände untereinander. Elversberg erwischte den HSV vor allem nach Verlagerung in löchrigen Strukturen vor der Abwehr.

Selke schiebt nach dem Rückpass von der rechten Seite vor neben Königsdörffer und bietet den Elversbergern auch hier wieder in der Theorie die fast komplette linke Seite an, dennoch sucht Elversberg wieder den Weg in den Druck. Der aber nicht mal Druck ist, da die Abstände von Reis und Richter so groß sind, dass es für den SVE eine nicht einmal schwierige Passspur in die Zentrale gibt. Elfadli ist dann im Vorwärtsverteidigen wieder zu spät und die Saarländer können problemlos auf Fellhauer im rechten Halbraum klatschen, der dann erneut die falsche Entscheidung im letzten Drittel trifft. Aber auch hier wäre für den SVE problemlos wieder Tiefe auf der Schiene möglich gewesen.

Auch horizontal sind die Abstände beim HSV ausbaufähig

Und der HSV bot den Saarländern sogar noch mehr an gegen den Ball und zwar über die linke HSV-Defensivseite.

In der Ausgangssituation befindet sich Dompé zentral und hoch, sodass Ludovit Reis aus seiner zentraleren Position auf Baum durchschiebt. Vor der Hamburger Abwehr bahnt sich nun ein kleines Problem an. Elfadli wird durch Schnellbacher tief gebunden, sodass dieser den vorgeschobenen Fellhauer nicht auffangen kann. Muheim steht in der Folge 1 gegen 2, da auch Richter zunächst zu weit weg ist. Die Dynamik zwingt die HSV Akteure effektiv in Entscheidungen.

Domes Position zwingt andere HSV Akteure in Entscheidungen

Infolgedessen entscheidet sich Muheim den kurzen linearen Ball auf Petkov zu verteidigen und eben nicht die Tiefe gegen Fellhauer. Da das Durchschieben in der Kette funktioniert, ist das so in Ordnung. Dennoch geht für den SVE für einen Bruchteil eines Momentes die Tiefe hinter Muheim auf. Die Szene bleibt erneut unbestraft.

Elversberg hat erneut Tiefenoption

Auffällig ist, dass vor allem Jean-Luc Dompé in seiner Positionsfindung für Zugriff, Deckungsschatten etc. immer wieder den Rest des Verbundes in Entscheidungen zwingt. Er positioniert sich oft so, dass Elversberg sogar zwei Optionen mit Ball hat. Durch die Zentrale Position Dompés, agiert Muheim etwas breiter-denkend, sprich er antizipiert den Ball auf die Schiene und nicht in den Halbraum, welcher eigentlich durch Dompés Schatten gedeckt sein sollte. Dennoch kann Elversberg den Ball genau dorthin spielen. Elfadli repariert die Situation zwar durch ein sehr aggressives Vorschieben, aber das ist sicherlich nicht ohne Risiko.

Elfadli bereinigt Dompes Probleme mit seinem Deckungsschatten

Eine fast identische Szene sieht man dann sogar nochmal nach knapp 29 Minuten. Auch hier lässt sich der Franzose wieder mit seinem Schatten herausziehen, sodass Muheim dahinter wieder 1 gegen 2 spielen muss. Elversberg wählt hier erneut den Weg über den Halbraum, wo die Saarländer dann direkt auf Asllani weiterspielen können. In der Aktion scheitern die Saarländer erneut nicht am HSV, sondern an sich selbst.

Erneutes Problem mit Dompes Schatten

Schaut man sich nun die Tore an, dann wirkt das alles nicht mehr nach so viel Zufall. Vor dem 1:0 muss die Aktion von Muheim und Dompé natürlich viel klarer ausfallen, aber auch hier sieht man wieder eine offene diagonale Passspur direkt in Zone 14 hinein mit einem sehr freien Asllani. Das Tor fällt sicherlich auch ein wenig glücklich, dennoch ist es aus HSV-Sicht echt unglaublich, dass Pinckert hier schon diesen Ball spielen darf.

Szene vor dem 1:0
2:1

In der Szene vor dem 2:1 sind es ironischerweise wieder Muheim und Dompé, die die Situation nicht geklärt bekommen. Nach dem diagonalen Lauf von Petkov, verschätzt sich dann Perrin extrem und springt um den Ball abzufangen. Auch wirkt die Kette hier alles andere als ordentlich sortiert.

2:1
3:1

In der Sequenz vor dem 3:1 geht dann alles schief, was wahrscheinlich möglich ist. Der HSV steht eigentlich ordentlich in einem 5-4-1. Elversberg verschiebt in die Breite auf Baum.

Durch Dompés zentrale Position, muss Muheim auf den Außenverteidiger springen. In seinem Rücken schiebt dann der HSV in die Breite durch.

Mit Ball bei Baum fällt dann Dompé nicht tiefer um abzusichern, sondern er attackiert den ballnahen Innenverteidiger, obwohl der mit Baums Körperposition gar nicht anspielbar ist. Da auch Reis tief reinfällt, hätte Baum sogar eine horizontale Option wählen können.

3:1

Er wählt aber eine lineare, da Muheim mit seinem Körper den Ball nicht optimal verteidigen kann.

3:1
3:1

Elfadli ist dann auch nicht nah genug und mit genügend Druck am Gegenspieler, der mit einem Kontakt in den Halbraum weiterleiten kann. Hier verliert dann Poreba den entscheidenen Zweikampf. Der HSV ist danach eigentlich schon geschlagen und Elversberg muss es praktisch nur noch ordentlich ausspielen.

3:1

Das vierte Tor erspare ich uns, aber es sollte Moritz Heyer mit der Art von Zweikampfverhalten wahrscheinlich keinen Startelfeinsatz gegen Freiburg und Nürnberg bescheren.

Schlechte Abstände, schlechtes Timing, fahrige Ballverluste und schlechte Entscheidungen. Das war der HSV gegen den Ball in Elversberg. Zwar hatten die Saarländer keinen einzigen Abschluss in der Box in der nicht so kritisierten ersten Hälfte, aber die Optionen für den SVE waren mehr als nur da. Das hätte auch durchaus schon in Halbzeit 1 für den HSV in eine unangenehme Richtung kippen können.

Zeigt der HSV am Mittwoch in Freiburg ein ähnliches Gesicht, dann wird’s ein sehr unangenehmer Pokalabend.

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